Das Wirtschaftsbrot aus Zürich
Das Zürcher Brot ist das meistverkaufte Brot der Schweiz, weil seine Form perfekt der Gastronomie dient. Allerdings weiss kaum jemand, dass das Brot nach dem bevölkerungsreichsten Kanton und der grössten Stadt des Landes benannt ist. Praktisch alle, selbst die meisten Zürcher, kennen das erfolgreichste Brot der Schweiz nämlich unter der Bezeichnung Lang- oder Stangenbrot.
Kantonsbrote sind keine besonders lange Tradition, sondern entstammen einer Marketing-Initiative der Schweizer Bäcker um 1950. Richtig durchgesetzt haben sich aber nur Brote, die schon vorher mit der entsprechenden Region verknüpft waren. Im Fachbuch «Der Schweizer Bäcker-Konditor» aus dem Jahr 1944 wird im Kapitel «Die gebräuchlichsten Kantonsbrote der Schweiz» erstmals auch das «Zürcherbrot» genannt. Es handelt sich um ein langes Brot aus Ruch- oder Halbweissmehl mit schräg gesetzten Schnitten auf der Oberseite. Weshalb gerade Zürich als «Heimat» des Langbrotes ausgewählt wurde, ist leider nicht erwähnt. Vielleicht wollte man es einer Stadt zuordnen, wo es besonders häufig konsumiert wird. Und da Zürich schon damals die Stadt mit den meisten Einwohnern der Schweiz war, wurde aus dem Langbrot eben das Zürcherbrot. Im Verkauf ist das Zürcher Brot als Halbpfünderli (250g), Pfünderli (500g) und Kilobrot erhältlich.
Ein Grund dafür, weshalb sich lange Brote wie das Zürcher Brot in der Schweiz erst im 20. Jahrhundert durchsetzen, wird im Atlas der schweizerischen Volkskunde erwähnt: «Das lange Brot (…) braucht mehr Platz zum Backen». Das war damals ein Problem, da die damaligen Hausbäckereien vorwiegend Öfen mit runden Grundriss hatten. Ihnen ging es natürlich darum, so viel Brot wie möglich auf einmal zu backen. Seit aber die Brotproduktion in die Berufsbäckereien verlagert wurde, die über grosse Backanlagen verfügen, zählt die Rentabilität mehr als der Platz. Und beim Zürcher- beziehungsweise Wirtschaftsbrot ist diese wegen der grossen Gastronomie-Nachfrage hoch.
Brot für die Gastronomie
Aus der praktischen, länglichen Form des Brotes lassen sich wunderbar gleichmässige Stücke schneiden. Das macht das Alltagsbrot besonders für die Gastwirtschaft interessant. Für dieses Kundensegment stellen die Bäckereien sogar eine leicht abgeänderte Version des Zürcher Brotes her: das so genannte Wirtschaftsbrot. Es ist etwas länger, weist aber einen kleineren Durchmesser auf als das Zürcher Brot von gleichem Gewicht. Überdies werden die Enden abrupt abgestumpft, während sie beim herkömmlichen Zürcher Brot auslaufend sind. Der Vorteil liegt auf der Hand: Das Wirtschaftsbrot lässt sich in noch mehr gleichmässige Scheiben schneiden, inklusive Gupf, dem Brotende.
Ein detaillierter Blick auf die Tagesproduktion von John Baker in Zürich (Stadelhofen und Helvetia) legt dar, wie wichtig die Gastronomie als Abnehmer der Zürcher- oder Wirtschaftsbrote ist: Stolze 610 Kilogramm Grossbrote (1,5 und 2,5 Kilogramm) stellt die Bäckerei jeden Tag her. Auf das Pfünderli entfallen jeweils 690 Kilo. Die Abnehmer der Kilobrote stammen vorwiegend aus der Gastronomie, während die Pfünderli tendenziell eher an Private (Familien und Privathaushalte) verkauft werden.
Die TV-Sendung «Mini Beiz, dini Beiz» machte Halt im Restaurant Wilder Mann in Zürich. Ab Minute 7.00 gibt es einen Einblick in die John Baker-Backstube am Stadelhofen Zürich.