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Getreideernte im Zugerland

Der Weg des Korns von der Saat bis ins Brot

Bauer Josef Hübscher baut auf seinen Feldern in der Region Cham unter anderem UrDinkel und Weizen an. Doch bis das Korn schliesslich geerntet und weiterverarbeitet werden kann, ist es ein langer Weg.

Barbara Gosteli

Ein stattlicher Bauernhof, umgeben von blühenden Feldern, grünen Wiesen und einer sanften Hügellandschaft. Die Sonne brennt, der Himmel ist stahlblau. In der Ferne wirbelt Staub durch die Luft und das regelmässige Rattern lässt erahnen, was dort gerade passiert. Es ist Hochsaison – Hochsaison der Getreideernte. Langsam und behaglich zieht der Mähdrescher Meter für Meter seine Bahnen durch das Dinkelfeld.

HofDas elterliche Bauernhaus umgeben von Wiesen und Feldern. © Barbara Gosteli

«Schon mein Grossvater und mein Vater haben hier Brotgetreide angebaut», so Bauer Josef Hübscher, der den Plegi-Hof in Cham 2008 von seinen Eltern übernommen hat. «Wir besassen lange um die 30 Milchkühe. Für deren Wiesenfutter haben wir aber nie das ganze Land benötigt. Daher lag es nahe, auch Ackerbau zu betreiben.» Für Hübscher ist die Arbeit mittlerweile zu einer Art Leidenschaft geworden. Er besitzt gesamthaft 25 Hektaren Land. Auf 15 davon baut er fünf verschiedene Kulturen an: UrDinkel, Weizen, Raps, Mais und Kunstwiese. Bei den restlichen zehn handelt es sich um Natur- und Ökowiesen.

Auserlesene Getreidesorten: Ostro und Forel

Der Mähdrescher hat das Dinkelfeld mittlerweile verlassen. Das übriggebliebene Stroh wird später auf dem Feld in Ballen gepresst. Einen Teil davon nutzt Hübscher für sich selbst, der andere wird verkauft.

UrdinkelUrDinkel ist ein hervorragender Proteinlieferant und eine wichtige Quelle essentieller Aminosäuren. © Barbara Gosteli

«UrDinkel baue ich erst seit drei Jahren an. Es ist ein sehr gesuchtes Getreide. Dessen Anbau lohnt sich für mich daher finanziell.» Was die Dinkelsorte anbelangt, setzt der Bauer aus dem Zugerland auf die Sorte Ostro. «Die gängige Vorschrift lautet: Man soll die angestammten Sorten anbauen, welche heimisch und robust sind. In diesem Fall passt Ostro wunderbar.»

Beim Weizen konnte er bisher mit der Sorte Forel gute Erfolge erzielen. «Sie ist von hoher Qualität, gibt gute Erträge wie auch ordentlich Stroh und ist robust in der Krankheitstoleranz. Hat man mal eine Sorte gefunden, welche einem passt, dann bleibt man dieser meist auch für eine Weile treu.

Eine klar geregelte Fruchtfolge

Gewissen Sorten resp. Kulturen treu zu bleiben, bedeutet im Ackerbau aber auch, sich über Jahre hinweg an bestimmte Regeln zu halten: «Man muss darauf achten, nicht zu viel Getreide anzubauen. Dessen Anteil sollte 66% der gesamten Ackerfläche nicht übersteigen. Baut man mehr an, kommt es zu Pilzkrankheiten und Halmbruch. Zudem geht der Ertrag zurück. Beim Weizen darf der Anteil gar nur bei maximal 50% liegen. Er ist nicht selbstverträglich und braucht immer ein Jahr Anbaupause.»

UrDinkel KörnerDer UrDinkel ist bekömmlich, kräftig – und liegt im Gourmet-Trend. Hübscher setzt auf die Sorte Ostro. © Barbara Gosteli

Um den Boden fruchtbar zu halten, der Erschöpfung von Nährstoffen vorzubeugen und Krankheits-, Schädlings- sowie Unkrautdruck zu reduzieren, hält er eine klar geregelte Fruchtfolge ein. Diese bezeichnet die zeitliche Aufeinanderfolge verschiedener Kulturpflanzen auf einem Feld. Die Fruchtfolge auf seinem Betrieb läuft im Fünfjahres-Turnus. Auf einem Feld werden nacheinander Mais, Weizen, Raps, Dinkel und Wiese angepflanzt. Deren Reihenfolge wird durch die gegenseitige Verträglichkeit und durch den Ernte- bzw. Saattermin bestimmt. Er hat immer von allem. «Wichtig ist bei einer Fruchtfolge, dass immer etwas auf dem Feld wächst. Auch über den Winter hinweg, damit die Nährstoffe weniger ausgewaschen werden und eine geringere Bodenerosion entsteht.»

Fokus auf extensive Getreideproduktion

Josef Hübscher setzt beim Getreide auf die Extenso-Produktion. Dabei dürfen keine Fungizide, Insektizide oder Halmverkürzer eingesetzt werden. Lediglich Herbizide zur Unkrautvernichtung sind erlaubt. Beim extensiven UrDinkel-Anbau achtet er darauf, etwas dünner zu säen und den Dinkel nur wenig bis gar nicht zu düngen: «Ansonsten wird dieser schnell labil. Dinkel wächst sehr hoch. Wird er dann auch noch dicht, besteht die Gefahr, dass er umfällt.»

ReifungJe intensiver die Sonne, desto schneller die Reifung. © Barbara Gosteli

Im Gegensatz zur Extenso-Produktion dürfen beim biologischen Anbau gar keine chemischen Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Wohingegen bei ÖLN (Ökologischer Leistungsnachweis, Minimalstandard) Fungizide, Herbizide, Wachstumsregulatoren wie auch Insektizide gestattet sind.

Der richtige Ernte-Zeitpunkt

«Früher zog sich die Weizenernte bis in den August hinein. Jetzt passiert das viel früher, bereits im Juni oder Juli – womöglich auch wegen der Klimaerwärmung, welche die Pflanzen schneller reifen lässt», meint Hübscher.

DreschenIst das Getreide reif und das Wetter gut, wird der Mähdrescher auf den nächsten Tag bestellt. © Barbara Gosteli

Doch woher weiss man denn genau, wann der richtige Zeitpunkt ist, um zu ernten? «Da muss man etwas ausprobieren», schmunzelt er. «Beim Dinkel, zum Beispiel, geht man mal aufs Feld, nimmt sich ein paar Körnchen und beisst hinein. Sind sie hart, ist er reif.» Um jedoch vor dem Dreschen auf Nummer sicher zu gehen, bringt er jeweils eine Schale voll Ähre zum Test in die Landi. «Dort werden die Ähren durch eine Maschine gelassen und ausgedrescht. Daraufhin wird die Feuchtigkeit des Korns gemessen, welche einem bezüglich Reifegrad einen wichtigen Anhaltspunkt gibt.»

SpelzNach dem Dreschen ist das Korn noch im Spelz eingeschlossen. Erst beim Röllen in der Mühle wird es davon befreit. © Barbara Gosteli

Liegt die Feuchtigkeit beim Getreide bei 14.5%, ist es erntebereit. Ist sie darüber, müssen die Körner nach dem Dreschen nachgetrocknet werden. Liegt die Feuchtigkeit jedoch darunter, hat das Korn weniger Gewicht – was für den Bauern eine finanzielle Ertragsminderung bedeutet. Aus diesem Grund versucht man beim Getreide vor dem Dreschen möglichst nahe an den maximalen Feuchtigkeitsgehalt von 14.5% heranzukommen, um das Optimum an Ertrag herauszuholen.

Die Saat will gepflegt sein

Ab Ende Juli – nach der Ernte – fängt der Turnus wieder von vorne an. Um das Land ab dann optimal für die neue Saat zu bearbeiten, setzt Hübscher verschiedenste Maschinen ein: Vor der Saat von Mais, Getreide und Raps, zum Beispiel, wird der Boden mit dem Pflug gelockert und gewendet. Dabei werden Ernterückstände, organisches Material und Erde vermischt. Für eine bestmögliche Vorbereitung des Saatbetts wird der Boden nach dem Pflügen mit der Kreiselegge bearbeitet: Sie ebnet aus und macht die Erde fein, um für die Saatkörner optimale Keimbedingungen zu schaffen. In einem weiteren Schritt kommt dann die Sämaschine zum Zug.

KreiseleggeDie Maschinen wollen gepflegt sein. Josef Hübscher bei der Arbeit. © Barbara Gosteli

Sind die Pflanzen erst einmal reif, werden die Felder mit dem Mähdrescher abgeerntet. Damit das übriggebliebene, womöglich feuchte Stroh rasch trocknet, wird es mit dem Kreiselheuer auf dem Boden gewendet. Mit dem Doppelschwader wird es schliesslich zu einem Walm zusammengerecht, der mit der Ballenpresse aufgenommen und zu runden oder eckigen Ballen geformt wird. Ob Ackern mit Traktor und Pflug, Saatbett vorbereiten, Säen, Düngen oder auch Pflanzenschutzmittel spritzen: Ausser dem Dreschen übernimmt Josef Hübscher alle Arbeiten selbst. Pro Hektare bedeutet das für ihn etwa 40 Stunden Arbeitsaufwand – somit stattliche 1‘000 Arbeitsstunden für sein ganzes Land.

Spontaner Einsatz des Mähdreschers

Würde es sich denn nicht lohnen, diesen letzten Schritt zu gehen und sich selbst einen Mähdrescher anzuschaffen? «Nein, das wäre für mich finanziell nicht lohnenswert. Der ist in der Anschaffung sehr teuer, braucht viel Platz zum Unterstellen und der Unterhalt ist auch nicht ohne. Für die paar Hektaren Getreide macht das definitiv keinen Sinn», erklärt Hübscher.

MähdrescherDie Organisation der 15 Tonnen schweren Maschine läuft spontan und unkompliziert ab. © Barbara Gosteli

Keine dieser Maschinen zu besitzen, ist nicht weiter schlimm. Denn die Organisation eines Mähdreschers läuft in den meisten Fällen sehr spontan und unkompliziert ab. «Sieht man, dass der nächste Tag ideal wäre um zu ernten, ruft man einfach rasch beim Lohnunternehmer an. Dann wird das knapp 15 Tonnen schwere Gefährt vorbeigeschickt. Das klappt meistens sehr gut. Ich habe selten Engpässe erlebt», so Hübscher. «Schwierig wird es nur dann, wenn es tatsächlich mal nicht so spontan klappt und für die nachfolgenden Tage oder Wochen Dauerregen angesagt ist. Dann besteht die Gefahr, dass das Getreide vor lauter Feuchtigkeit auswächst und anfängt zu keimen. Schlimmstenfalls wird es dann zu Futtergetreide deklassiert, was zu erheblichen Ertragseinbussen führt.»

Qualitätsgetreide für Bäcker und Migros

Doch was passiert mit dem Getreide nach dem Dreschen denn genau? Josef Hübscher hat zwei Abnehmer: Den UrDinkel liefert er an die Eichmühle Beinwil, welche das Korn vom Spelz befreit. In einem weiteren Schritt wird daraus Mehl hergestellt, welches schliesslich an Bäcker verkauft wird. Den Extenso-Weizen bringt der Bauer in die Landi Mettmenstetten, wo man ihn reinigt, aufbereitet und lagerfähig macht. Bezogen wird er dann von der Migros – wo aus ihm schliesslich gesunde, köstliche Terra-Suisse-Brote entstehen.

Transport ErnteDas Getreide wird mit Traktor und Kipper zu den Abnehmern gebracht. © Barbara Gosteli

UrDinkel und Weizen fährt Hübscher selbst mit Traktor und Kipper (Wagen) zum jeweiligen Abnehmer: «Der Kipper fasst vom Dinkel etwa 5,5 Tonnen, vom Weizen ungefähr zehn. Vor Ort wird der Inhalt in die Gosse hinuntergekippt. Dann wird er gereinigt, gewogen, ins Silo befördert und gelagert.» Das Getreide unterliegt strengen Qualitätsanforderungen: Es muss ein Hektolitergewicht von mindestens 77 kg erreichen und genug trocken sein, damit keine finanziellen Abzüge erfolgen. Es darf keine Fremdkörper wie auch keinen Unkrautbesatz haben und muss sauber gedrescht sein. «Um das sicherzustellen und um den Preis der Lieferung festzulegen, werden während der Reinigung und Wägung Muster genommen. Anhand dieser werden dann Qualität und Preis bestimmt.

Das Wetter als Zünglein an der Waage

Eines ist klar: So eine Getreideernte bedeutet einerseits viel Arbeit. Andererseits ist sie auch stark vom Wetter abhängig. Josef Hübschers Bauernhof befindet sich in einer Grenzlage für den Ackerbau. «Hier gibt es viele Niederschläge, welche für das Getreide nicht optimal sind. Wegen der Feuchtigkeit besteht die Gefahr von Pilzkrankheiten. Dieses Jahr bin ich aber ganz zufrieden, der Frühling war schön trocken. Und ich denke, die Dinkelernte wird gut ausfallen», so seine Einschätzung.

AckerbauHübscher baut auf seinem Land 2.5 ha UrDinkel und 2.7 ha Weizen an. Das Getreide wird im Juli gedroschen. © Barbara Gosteli

Auch wenn der Bauer in der Vergangenheit nicht immer das grosse Wetterlos gezogen hat und schon erhebliche Ertragseinbussen in Kauf nehmen musste: «Ich mache meine Arbeit sehr gerne und mit Leidenschaft. Meistens wird das bei der Ernte auch belohnt. Und es ist doch immer wieder schön zu sehen, was aus einem kleinen Korn am Ende so entstehen kann.»

Adresse

Plegi-Hof
Josef Hübscher
Plegi 2
6330 Cham

Angebaute Kulturen
UrDinkel, Weizen, Raps, Mais und Wiese

Fläche
25 Hektaren