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Interview panissimo mit Stephan Scheuner

Wichtig ist, die Ziele langfristig weiter zu verfolgen

Im Herbst 2016 verpasste sich Schweizer Brot einen neuen Marktauftritt. Wie sieht die Bilanz rund anderthalb Jahre später aus? Dies und mehr wollte „panissimo“ von Geschäftsführer Stephan Scheuner wissen.

Claudia Vernocchi

Eines Ihrer kurz- und mittelfristigen Ziele war, dass bei der täglichen Ernährung der Konsumentinnen und Konsumenten das Schweizer Brot wieder seinen Platz als natürlichen Energiespender einnehmen soll. Wo stehen wir heute?

Unsere aktuelle Konsumstudie zeigt, dass Brot bei fast drei Vierteln der Befragten als Grundnahrungsmittel und bei mehr als der Hälfte als natürlicher Energiespender gilt. Beide Werte sind stabil verglichen mit der Vorgängerstudie. Zu beachten ist, dass es sich um Einstellungen der Konsumenten handelt. Da passieren Veränderungen nur langsam. Umso wichtiger ist es, die Kommunikation rund um „Schweizer Brot“ kontinuierlich weiter zu führen und die Ziele langfristig weiter zu verfolgen.

In Ihrem Interview mit „panissimo“ vor rund anderthalb Jahren betonten Sie, dass man vor allem die junge Kundschaft verstärkt anzusprechen will. Ist dies gelungen?

Wir kommunizieren übers Internet und sind vor allem in den sozialen Medien aktiv, also dort, wo sich die Jungen tummeln. Daher ja. Wir haben in den letzten anderthalb Jahren verschiedene Kanäle neu aufgebaut. Nach dieser ersten Phase der Etablierung sind wir nun permanent am Analysieren, Beobachten und Anpassen um die Jungen noch besser zu erreichen.

facebook.com/schweizerbrot ©Schweizer Brot

Was ist die Quintessenz aus diesen Analysen?

Unsere bisherigen Learnings sind:

  1. Immer mehr Anwender greifen von einem mobilen Gerät auf die Kommunikationsplattformen zu. Um diesen Ansprüchen noch gerechter zu werden, optimieren wir die Website in diesem Jahr weiter.
  2. Wir evaluieren regelmässig die Nutzerzahlen der Social Media Plattformen, um die Kommunikation zu optimieren. Daraus lässt sich ablesen, welche Netzwerke welche Zielgruppe anziehen. Z.B. ist zu beobachten, dass sich die Breitenwirkung von Facebook verändert, so ist etwa die Userzahl bei der Altersgruppe 50+ stark gewachsen.
  3. Verschiedene Formate und auch unterschiedliche Tageszeiten laufen verschieden gut zur Ansprache unserer jungen Zielgruppe. Daher berücksichtigen wir Timing und Aufbereitung resp. Gestaltung der Inhalte bei der Planung.
  4. Wir beobachten solche Veränderungen und passen wo nötig an. Z.B. aktuell unsere erste Insta-Story auf Instagram, wo sich die jüngere Zielgruppe vermehrt aufhält und präsent ist.

Als weiteres Ziel nannten Sie, dass die Mehrwerte aller Partner der Wertschöpfungskette aufgezeigt werden soll. Wie haben Sie dies umgesetzt?

Einerseits nutzen wir den Trend zu Bewegtbildern und haben von allen Stufen der Wertschöpfungskette entsprechende Videos produziert. In diesen wird am Beispiel einer Person aufgezeigt, welche Leistungen in ihrem Bereich der Kette für das Produkt Schweizer Brot erbracht werden. Andererseits stellen wir im Blog ebendiese Akteure und ihr Schaffen vor. Neudeutsch heisst das Storytelling, also die Vermittlung von Informationen in Form einer Geschichte. Zudem nutzen wir E-Mail-Newsletter und Agenda um Neuigkeiten und Veranstaltungen der Marktpartner vorzustellen, wie z.B. aktuell die Führung durch eine Grossbäckerei oder der Schweizerische Mühlentag – wo sich die Besucher selbst ein Bild dieser „Mehrwerte“ machen können.

©Schweizer Brot

Neben dem Endkonsumenten als Zielgruppe nannten Sie auch die Gastronomie mit dem Motto „Schweizer Brot – die beste Visitenkarte der Gastronomie“. Was haben Sie hier unternommen und wie sieht da Ihr Fazit aus?

Wir setzen hier in Zusammenarbeit mit der Fachschule Richemont die bewährten Brotkurse an den Hotelfachschulen Thun, Luzern und Zürich um, wo anlässlich der Ausbildung zum dipl. Hôtelier-Restaurateur HF/SHL jeweils einen halben Tag das Thema Brot unterrichtet wird. Weiter sind wir aktuell dabei, eine Partnerschaft mit Best of Swiss Gastro aufzubauen. Schweizer Brot wird neu Partnerlabel von Best of Swiss Gastro. Das heisst, alle teilnehmenden Gastro-Betriebe, die auf Schweizer Brot setzen, können sich ab Mitte März für das Label bewerben und diese Auszeichnung stolz ihren Gästen kommunizieren. Gegenüber dem Gastronomen ist es hierbei unser Ziel, aufzuzeigen, dass und auch wie er sich mit Schweizer Brot in seinem Betrieb profilieren und differenzieren kann.

Die Kommunikation von Schweizer Brot erfolgt ausschliesslich online. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Die Digitalstrategie eignet sich ideal für eine direkte Interaktion mit unserer jungen Zielgruppe. Wir stellen weiter fest, dass sich dank der regelmässigen, zweisprachigen Kommunikation auf diversen Social Media Kanälen die Sichtbarkeit von Schweizer Brot signifikant steigerte. Z.B. wuchs unsere Facebook-Community im letzten Jahr von knapp 4’000 Fans auf über 12’000 Fans. Die Fans sind nicht nur zahlreich, sondern auch aktiv, was sich in Likes, Kommentaren und vor allem im Teilen der Inhalte widerspiegelt. Und was nicht zu vergessen ist: Dabei handelt es sich um echte Brotfans.

Die Erfahrungen sind somit durchwegs positiv, wobei festzuhalten ist, dass diese Form der Kommunikation mit kontinuierlichem Storytelling und der Produktion von Inhalten bedeutend intensiver ist als eine klassische Kampagne im Fernsehen oder auf Plakaten. Dazu möchte ich drei Punkte hervorheben: Als erstes braucht es eine entsprechend ausgebaute Website, um eine solche Kommunikation umsetzen zu können. Als zweites muss eine klare Fokussierung auf für den Konsumenten relevante Themen erfolgen, die gleichzeitig die Vermittlung unserer Kommunikationsbotschaften ermöglicht. Und drittens braucht es ein eingespieltes Redaktionsteam, um die Inhalte zeit- und usergerecht publizieren und die Interaktion mit der Zielgruppe managen zu können.

©Schweizer Brot

Rückblickend: Worauf sind Sie besonders stolz?

Dass es uns trotz kleinem Budget aber mit extrem viel Herzblut und Goodwill einzelner Branchenpartner gelungen ist, die Kommunikation fürs Schweizer Brot in der heutigen Form umzusetzen. Und dass wir mit unseren Inhalten eine sehr hohe Qualität und insbesondere auch eine Relevanz für die Zielgruppen schaffen. Dafür gebührt meinem Team und auch unseren Agenturen ein grosser Dank.

Was würden Sie heute anders anpacken?

Konsumenten, Marktteilnehmer, Gastronomen oder Medien haben sehr unterschiedliche Interessen, Erwartungen und auch (Vor)Wissen. Eine Gemeinsamkeit gibt es dennoch bei allen: Sie interessieren sich dafür zu erfahren, was hinter Schweizer Brot steht. Wie tief das gehen soll, also was jede Zielgruppe im Speziellen interessiert, ist aber unterschiedlich. Dies gilt es individuell zu vermitteln. Hier haben wir noch Luft nach oben. Ein weiterer Punkt betrifft das Logo „Schweizer Brot“, bei dem kein vollständiger Markenschutz umgesetzt werden konnte. Hier hätten wir uns im Vorfeld mehr Zeit nehmen sollen. Und den Dialog mit den Branchenpartnern, also die Kommunikation nach innen, sind wir aktuell dabei, bedeutend intensiver zu gestalten.

Ende Januar ist das Resultat zur Umfrage zum Schweizer Brot veröffentlicht worden („panissimo“ Nr. 2). Was hat Sie am meisten erstaunt?

Entgegen dem Trend zu Herkunft/Regionalität zeigt sich, dass die Herkunft der Rohstoffe und auch deren Verarbeitungsort beim Brot für den Konsumenten scheinbar weniger ausgeprägt sind als bei anderen Lebensmitteln. Eine Erklärung hierfür ist, dass Frische und Geschmack des Brotes bedeutend zentralere Eigenschaften sind, wodurch andere etwas in den Hintergrund geraten.

Was bereitet Ihnen Sorgenfalten?

Sorgenfalten ist vielleicht nicht ganz das richtige Wort, aber die rückläufige Tendenz beim Brotverzehr der älteren Personen gilt es sicher im Auge zu behalten. Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass zwei Drittel der Befragten einen stabilen Brotkonsum verzeichnen.

Gibt es Massnahmen, die Sie aufgrund dieser Umfrage planen bzw. ergreifen werden?

Im Moment gilt Brot als Grundnahrungsmittel. Regionalität und Essen vom Bauer nebenan ist im Trend. Den Millennials und nachkommenden Generationen sind Werte wie „gesund“ und „natürlich“ in der Ernährung wichtig. Sie sind aufgrund der zur Verfügung stehenden Informationen zu Lebensmitteln sehr gut informiert und lassen sich im Allgemeinen durch Werbeversprechen nicht mehr so leicht beeinflussen. Gelingt es uns nicht, Brot auch bei ihnen glaubhaft als gesunden natürlichen Energiespender zu positionieren und Vorurteile aus dem Weg zu räumen, kann es zukünftig eng werden.

Wir arbeiten deshalb weiterhin daran, den Stellenwert von Brot in der Ernährung weiter zu stärken und den Konsumenten das Engagement aller Marktpartner für ein gutes und gesundes Stück Schweizer Brot zu kommunizieren. Für eine bessere Wirkung ist dabei auch wichtig, dass unsere Inhalte durch die Marktakteure in deren Kommunikationskanälen und an ihren Kontaktpunkten gezielt multipliziert werden. Wir wünschen uns, dass sich die Markteilnehmer aktiv für die Auszeichnung von Schweizer Brot einsetzen. Schweizer Brot muss für den Konsumenten klar erkennbar sein. Das zu kommunizieren und die Partner davon zu überzeugen beinhaltet sicherlich noch Potential.

©Schweizer Brot

Welches sind die Ziele des Vereins Schweizer Brot für die kommenden fünf Jahre?

Wir planen momentan bis Ende 2019, denn bis dahin muss es uns gelingen, die finanzielle Situation des Vereins und damit der Kommunikation fürs Schweizer Brot zu klären. Wir haben im Rahmen unserer strategischen Grundlagen entsprechende Ziele gesetzt. Aber ohne finanzielle Mittel und die Unterstützung aller Marktpartner können wir diese nicht erreichen.

Nur rund 25 % des Brotverkaufs erfolgt über unsere Mitglieder. Den verbleibenden erheblichen Anteil verteilt sich vorwiegend auf die Grossverteiler und Tankstellenshops. Welche Rolle nimmt hier Schweizer Brot ein?

Wir setzen uns in der Kommunikation für Schweizer Brot für die gesamte Branche ein. Wo in der Schweiz der Konsument sein Schweizer Brot kauft, ist deshalb für uns nicht entscheidend.

Wie kann unser Mitglied von Schweizer Brot profitieren?

Erstens von der Basiskommunikation und der Positionierung von Brot als gesundes Grundnahrungsmittel. Dies ist die Basis, dass überhaupt Brot gegessen wird. Zweitens von unserer Marktforschung, mit welcher wir Trends und Entwicklungen rund um Schweizer Brot aufzeigen. Und drittens von den gesamten Kommunikationsaktivitäten. Hierzu wende ich mich direkt an Ihre Mitglieder: Nutzen Sie unsere Plattformen und Kanäle und teilen Sie uns Ihre Veranstaltungen, Rezepte, Kurse und Ausflugsideen mit. Haben Sie Informationen, die wir im Newsletter, auf schweizerbrot.ch oder über unsere Social Media-Kanäle publizieren könnten? Oder haben Sie eine Geschichte mit regionalem Charakter? Dann kontaktieren Sie uns: 031 385 72 79 oder info@schweizerbrot.ch.

Welchen Rat geben Sie unseren Mitgliedern im immer härter werdenden Brotmarkt?

Positionieren Sie sich als regionaler Anbieter mit qualitativ hochstehenden, natürlichen und frischen Produkten. Differenzieren Sie sich über die hervorragende Qualität von Schweizer Rohstoffen und Schweizer Verarbeitung. Und kommunizieren sie diese Mehrwerte aktiv und gezielt an ihre Kundinnen und Kunden.

Wenn Sie drei Wünsche für 2018 frei hätten. Wie würden diese lauten?

Ich nutze zwei Wünsche bezogen auf den Verein Schweizer Brot: Erstens möchte ich gerne mehr am und nicht nur im Verein arbeiten können. Zweitens wünschte ich mir ein Commitment aller Akteure zum Verein Schweizer Brot und damit verbunden zu einer starken, gemeinsam finanzierten und am Verkaufspunkt sichtbaren Kommunikation für das unser Brot. Den letzten Wunsch betrifft meine Familie, für die ich mir mehr Zeit nehmen möchte.

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Stephan Scheuner

Der 40-jährige diplomierte Ingenieur Agronom ETH ist Direktor von swiss granum und Geschäftsführer der Vereine Schweizer Brot und Schweizer Rapsöl.