Verluste und Verschwendung von Lebensmitteln entlang der Wertschöpfungskette
Die Verluste über die Wertschöpfungskette von Nahrungsmitteln sind in den meisten Ländern etwa gleich hoch. Sie unterscheiden sich jedoch in ihrer Verteilung: Während in reicheren Ländern fast die Hälfte in den Haushalten weggeworfen wird, liegen die Verluste in ärmeren Ländern auf dem Weg bis zum Endkonsumenten.
Der Grund für die hohen Verluste liegt in Industrieländern wie der Schweiz insbesondere in den tiefen Ausgaben für Nahrungsmittel und im Überangebot: Weil wir es uns leisten können, kaufen wir zu viel und unüberlegt ein. Gemäss dem Verein foodwaste.ch fallen in der Schweiz pro Person täglich 320 Gramm dieser Verschwendung an, was dem Gewicht einer vollwertigen Mahlzeit entspricht (Brochure: „Lebensmittel wegwerfen das ist dumm“, PDF 2MB). In ärmeren Ländern entstehen die Verluste vermehrt bei der Ernte, bei der Lagerung und der Verarbeitung der Lebensmittel, da effiziente Technologien und das nötige Know-how weniger gut verfügbar und verbreitet sind.
Food Loss: Verluste in Landwirtschaft, Verarbeitung und Transport
In der Schweiz entsteht in der Landwirtschaft rund ein Fünftel aller Lebensmittelverluste (Artikel Agroscope: „Lebensmittelverluste entlang der Wertschöpfungskette“, PDF 296KB). Dies geschieht zum Beispiel weil die Ernte aus technischen Gründen nicht vollständig eingefahren werden kann oder weil Getreide, Gemüse oder Früchte nicht den Qualitätsstandards der Humanernährung genügen und deshalb als Futtermittel eingestuft werden. Auch bei sorgfältigem Anbau und standortangepassten Sorten können Witterungsbedingungen beispielsweise zu Pilzbefall und damit zu Verlusten der Ernte führen.
Es liegt im Interesse jedes einzelnen Akteurs der Wertschöpfungskette, das Maximum an die nächste Verarbeitungsstufe weiterzugeben. Der Müller kann jedoch aus seinem Korn beispielsweise nur 75 Prozent zu Mehl verarbeiten. Der Rest sind sogenannte Mühlennachprodukte, für die in der Humanernährung nur eine geringe Nachfrage besteht und die deshalb nachhaltig im Sinne geschlossener Kreisläufe in der Tierfütterung verwertet werden. Lorenz Hirt, Geschäftsführer des Dachverbandes Schweizerischer Müller, erklärt: «Je nach Endprodukt (Weiss, Halbweiss, Ruch, Vollkornmehl) fallen mehr oder weniger Nebenprodukte an. Im Schnitt rechnen wir mit 25 Prozent Nebenprodukten, die im Idealfall in die Fütterung gehen respektive bei Überschüssen in die Biogasanlagen, was wir aber weitestgehend zu vermeiden suchen.» Auch beim Transport können Lebensmittel, insbesondere Frischprodukte, beschädigt werden und deshalb auf dem Weg bis zum Endkonsumenten verloren gehen.
Food Waste: Verschwendung in Haushalten und Gastronomie
Im Detailhandel landen aufgrund von Überangebot rund fünf Prozent der Lebensmittel im Abfall. Mit innovativen Ideen wie öffentlichen Kühlschränken oder dem vergünstigten Wiederverkauf von Brot vom Vortag konnte diese Zahl in den letzten Jahren gesenkt werden. Weiterhin hoch fällt jedoch die Zahl der Lebensmittelverschwendung in den Haushalten und bei Grossverbrauchern wie Restaurants oder Kantinen aus – fast die Hälfte aller geniessbaren Nahrungsmittel werden hier weggeworfen. Der Grund für diesen Food Waste liegt insbesondere in den Kaufentscheidungen: Es wird mehr gekauft als benötigt. Zudem entsprechen Verpackungsgrössen nicht immer unseren Bedürfnissen, Kochpläne können sich kurzfristig ändern oder Frischwaren gehen im Kühlschrank vergessen. Auch die Art der Lagerung beeinflusst die Haltbarkeit von Lebensmitteln. Werden Kartoffeln im Dunkeln gelagert, keimen sie weniger aus. Bananen können den Reifeprozess anderer Früchte beschleunigen und diese schneller verderben lassen. In vielen Haushalten und Gastronomiebetrieben wird zudem mehr gekocht als benötigt. Man will ganz sicher genug haben, die Reste können dann aber teilweise nicht verwertet werden. In den Restaurants werden Speisen aus Überproduktion für die Personalverpflegung verwendet.
Brot-Sommelier Andreas Djordjevic © Philipp Horak
Ein weiterer Faktor ist die Interpretation von Haltbarkeitsdaten. «Zu verbrauchen bis» und «mindestens haltbar bis» haben unterschiedliche Bedeutungen (Brochure: „Lebensmittel wegwerfen das ist dumm“, PDF 2MB): Wenn das Datum «zu verbrauchen bis» überschritten wurde, sollten die Lebensmittel in der Regel nicht mehr konsumiert werden. Allgemein gilt: Haltbarkeitsdaten immer zusammen mit den Sinnen beurteilen – sehen, riechen, schmecken. Oft können Produkte auch weit nach Ablauf der angegebenen Mindesthaltbarkeit noch bedenkenlos konsumiert werden.
Von den Verlusten und der Verschwendung am stärksten betroffen sind Frischgemüse, Kartoffeln und Brot. Gerade beim Brot kennen wir das alle: Man bringt ein frisches, knuspriges Brot nach Hause und dasjenige vom Vortag bleibt übrig. Folgende Übersicht zeigt auf, wo in der Wertschöpfungskette von Brot Food Loss und Food Waste entstehen:
Landwirtschaft | Getreide kann manchmal nicht ganz eingefahren werden: Bei der Ernte gibt es Körner, welche nicht im Mähdrescher sondern daneben landen. Zudem kann Getreide, das auswächst oder beispielsweise von einem Pilz befallen ist, nicht oder nicht mehr vollständig für die Humanernährung weiterverarbeitet werden. |
Sammelstelle | In der Sammelstelle wird das Getreide gereinigt, getrocknet und gelagert. Hier kann ein Reinigungsverlust entstehen, da Getreide aussortiert wird, welches den Qualitätsstandards nicht genügt. |
Verarbeitung | In der Verarbeitung von Korn zu Mehl entstehen Mühlennachprodukte, für die es in der Humanernährung nur eine geringe Nachfrage gibt. Dazu gehört zum Beispiel der Dinkelspelz oder die Kleie, welche etwa als Futtermittel eingesetzt werden. |
Detailhandel und Bäckerei | Um marktfähig zu bleiben, sind Detailhändler und Bäckereien dem Druck ausgesetzt, ein vielfältiges und frisches Warensortiment bis Ladenschluss anzubieten. Übrig gebliebenes Brot und Backwaren können am Folgetag teilweise nicht mehr verkauft werden. Wie der Detailhandel damit umgeht, lesen Sie hier. |
Gastronomie | Brot, welches geschnitten im Brotkorb auf den Tischen steht und nicht konsumiert wird. Restaurants mit Frühstücksbuffets, die ein grosses Sortiment an Broten anbieten, welches die Konsumation der Gäste überschreitet. |
Haushalte | Es wird eingekauft, ohne zuhause nachzuschauen, ob beispielsweise noch Brot da ist. Frisches Brot wird dem Brot vom Vortag vorgezogen. |
Quelle: foodwaste.ch/was-ist-food-waste
Welche Herausforderungen sich dabei den Produzenten stellen und wo Brot überall vom Endkonsumenten verschwendet wird, klärt unser nächster Artikel.

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