Artikel

Getreidearten für Brot

Weizen, Roggen, Dinkel und Co.

Voluminöser Laib, weiche Krume, knackige Kruste: das setzt eine Backfähigkeit voraus, die nur Weizen, Roggen und Dinkel haben und daher als Brotgetreide dienen. Hinzu kommen alte Kulturpflanzen wie Emmer, Einkorn und Kamut, die in der Nische als Liebhaberprodukte gelten.

Marlies Keck

Die als Brotgetreide angebauten Kulturpflanzen gehören zur Familie der Süssgräser. Die Getreidekörner sind die reifen Halmfrüchte, die sich zu Mehl verarbeiten lassen. Es sind die unterschiedlichen Getreidearten mit ihren ganz eigenen Merkmalen, die einen hohen Einfluss auf die Verarbeitung und den Charakter der Brote haben.

Der Milde: Weizen

Weizen macht 92 Prozent des in der Schweiz angebauten Brotgetreides aus und ist damit unser wichtigstes Getreide. Ursprünglich stammt er aus Transkaukasien und geht auf eine Kreuzung verschiedener Wildgräser zurück. Je nach Aussaatzeit unterscheidet man Sommerweizen (im Frühjahr gesät) und Winterweizen (im Herbst gesät). In der Qualität sind sie aber gleichwertig. Weiter unterscheidet man zwischen Hartweizen (der sich aufgrund des hohen Kleberanteils vor allem für die Herstellung von Nudeln eignet) und Weichweizen, der für Brot und weitere Back-waren ideal ist. Aus klimatischen Gründen wird in der Schweiz vorwiegend Weichweizen und – als regionales Nischenprodukt auch etwas Hartweizen – angebaut. Weichweizen zeichnet sich nicht nur durch seinen milden Geschmack aus, sondern auch durch die Möglichkeit, dank des Glutens (PDF 252kb) Backwaren mit attraktiven Volumina mit mehr oder weniger feiner Porung herzustellen.


Je nach Aussaatzeit unterscheidet man Sommerweizen (im Frühjahr gesät) und Winterweizen (im Herbst gesät). © Schweizer Brot

Der Kräftige: Roggen

Roggen ist eine alte Kulturpflanze, die ihren Ursprung in Vorderasien hat. Er erträgt Trockenheit und Frost und kann deshalb auch in rauerem Klima und in höheren Lagen oder Gebirgstälern gedeihen. Roggenmehl wird zwar oft mit Weizen- oder Dinkelmehl gemischt, hat aber andere Backeigenschaften als diese. Ab einem Roggenmehlanteil von ungefähr 40 Prozent muss einem Brotteig Sauerteig zugesetzt werden, ansonsten wird das Brot zu fest. Je grösser der Roggenanteil, desto kräftiger schmecken die Brote. Ausserdem sind Roggenmehlteige sehr weich, deshalb backt man sie am besten in einer Backform und bei hoher Anfangshitze. In der Schweiz ist vor allem das Walliser Roggenbrot AOP ein Begriff, welches als Vollkornbrot nicht nur kräftig im Geschmack ist, sondern zudem auch lange frisch bleibt.


Roggen wird im Wallis seit Jahrhunderten angebaut. Das gebirgige Gelände, die Höhenlage und die extremen Temperaturen sind günstige Bedingungen für das wertvolle Korn. © Vereinigung Walliser Roggenbrot AOC, Photographer: Pascal Gertschen

Der Nussige: Dinkel

Dinkel stand lange im Schatten des Weizens, mit dem er eng verwandt ist. Im Kaukasus war das robuste Urgetreide schon im 6. Jahrtausend vor Christus Bestandteil der Ernährung. Etwa 500 nach Christus begann man in Europa damit, das Getreide anzubauen. Im 20. Jahrhundert verlor der Anbau an Bedeutung, weil Dinkel weniger ertragreich ist als Weizen und zudem aufwändig verarbeitet werden muss. Denn Dinkel gehört zu den sogenannten Spelzgetreiden, bei denen das Korn von einer festsitzenden Hülle, der Spelze, umgeben ist. Diese muss mittels «Röllen» entfernt werden, was einen zusätzlichen Arbeitsschritt bedeutet. Dennoch ist der Anbau heute wieder vermehrt gefragt: In den letzten zehn Jahren hat sich die Produktionsmenge in der Schweiz gar verdoppelt. Dinkel hat einen leicht nussigen Geschmack und lässt sich ähnlich verwenden wie Weizen. Er enthält Kalium und Vitamin B1 und ist reich an Magnesium, Phosphor und Zink. Übrigens: Grünkern ist nichts anderes als noch nicht ausgereifter Dinkel, der noch grün geerntet wird. Er wird nach der Ernte sofort verarbeitet und mittels speziellen Verfahren namens «Darren» getrocknet, sodass er lange haltbar bleibt. Aller-dings ist er aufgrund der Hitzeeinwirkung beim Trocknen nicht mehr keim- und allein backfähig.


Der Dinkel stellt nur geringe Ansprüche an den Boden und ist kälteresistent, weshalb er als Alternative zu Weizen wieder neu im Kommen ist. © UrDinkel.ch

Die Gehaltvollen: Einkorn und Emmer

Emmer und Einkorn sind Weizenarten, die eng mit Dinkel verwandt sind und so auch zu den so genannten Spelzgetreiden zählen. Es sind die ältesten kultivierten Getreidearten der Welt, werden aber aufgrund der tiefen Ertragserwartung nur sehr selten angebaut (nur 0.1% der inländischen Erntemenge an Brotgetreide). Emmer wie Einkorn gehören zu den gesündesten Getreidearten überhaupt, sind reich an Proteinen und Mineralstoffen. Durch die Menge an Spurenelementen wie Magnesium, Eisen, Zink, Kupfer und Mangan sind Einkorn und Emmer optimale Treibstoffe für den menschlichen Organismus. Ungesättigte Fettsäuren tun das Übrige. Beide schmecken würzig-aromatisch und angenehm nussig – und obwohl die Klebereigenschaften hinsichtlich Brotbackeignung eher mässig sind, lassen sich mit handwerklichem Geschick (kurzes Kneten, lange Teigruhe) sehr aromatische Brote aus Hefe oder Sauerteig herstellen.


Aufgrund des geringen Nährstoffbedarfs eignen sich Einkorn (hier im Bild) und Emmer für den extensiven, ökologischen Anbau. © Landwirtschaftsamt Schaffhausen

Der Erdige: Kamut

Kamut – was übersetzt so viel wie «Seele der Erde» bedeutet – gehört wie Emmer und Einkorn zu den Urgetreiden und wurde bereits vor 6000 Jahren im Gebiet zwischen Ägypten, der Türkei und dem Iran angebaut. Lange Zeit in Vergessenheit geraten, wurde es in den 1970er-Jahren von der Landwirtschaft wiederentdeckt. Nicht nur der hohe Protein- und Aminosäuregehalt, auch der Gehalt an ungesättigten Fettsäuren, Vitaminen und Mineralstoffen wirkt sich positiv auf die Gesundheit aus. Kamut hat einen erdigen, milden, leicht nussigen Geschmack und seine Backeigenschaften sind ansprechend, weshalb er wie Dinkel und Weizen für alle üblichen Backwaren verwendet werden kann.


Kamutkörner sind zwei- bis dreimal so gross wie Weizenkörner und weisen einen rund 20-40 Prozent höheren Proteingehalt als Weichweizen auf. © Schweizer Brot

Und was ist mit Gerste, Triticale, Mais und Hafer?

Gerste, Triticale, Mais und Hafer sind Getreidearten, die nur begrenzt backfähig sind und flache, wenig gelockerte Brote (Fladen) ergeben. Sie werden meist nur als Beimischung für Spezialbrote verwendet. Ihr Anbau in der Schweiz ist, mit Ausnahme von Zuckermais, für die Tierfütterung bestimmt.