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Mit «Flour Power» ins Finale

Zwei Lernende rocken den Brot-Chef

Jung, ehrgeizig und voller Ideen: Lena Masanti und Jona Schuhmacher traten als Team «Flour Power» beim diesjährigen Brot-Chef an. Wir haben sie bei diesem Abenteuer begleitet – von der spontanen Anmeldung über das Coaching bis hin zum Probedurchlauf und schliesslich zum grossen Finale.

Marlies Keck

2025 feiert der Fachwettbewerb «Brot-Chef» sein zehnjähriges Bestehen – und das soll gebührend gefeiert werden. Passend dazu steht die Jubiläumsausgabe unter dem Motto «Let’s Celebrate». Jedes Team setzt dieses Motto in den geforderten Kategorien individuell um – vom Spezialbrot über Kleinbrote und tourierte Teige bis hin zu Sweets, Schaustück und Apéro-Snacks.

Teams? «Ja, denn zum Jubiläum wollten wir etwas Neues wagen», erklärt Stefan Kogler, Organisator und Geschäftsführer des Berufsverbands Bäckerei & Confiserie Schweiz. «Die Anforderungen an die Lernenden sind enorm – deshalb haben wir uns entschieden, erstmals 2er-Teams antreten zu lassen. So können auch sehr junge Talente im ersten oder zweiten Lehrjahr mitmachen, wenn sie ein gutes Team bilden.»

So wie Jona und Lena. Eigentlich wollten sie mit der Teilnahme noch ein Jahr warten. «Wir waren bei der Anmeldung ja erst im ersten Lehrjahr», erzählt Lena. Doch als ihr Chef, Joel Alt von der Bäckerei Alt, sie nochmal an den Wettbewerb erinnerte, war klar: Sie wagen es. «Unser Ehrgeiz war geweckt», so Jona, der verschmitzt ergänzt: «Letztlich können wir nur gewinnen – zumindest an Erfahrung.» Mit Rezeptideen, Fotos und einer Nachtschicht reichten sie am 20. Juni ihre Bewerbung ein – auf den allerletzten Drücker.

Die Mühe zahlte sich aus: Jona und Lena qualifizierten sich für das Finale. Mitgebracht haben sie ein Konzept, das begeistert: Himbeere als roter Faden, kräftige Farben von Grün bis Pink, ein Schaustück in Form eines Partyhuts mit Ballonen – und Popcorn als verspieltes Detail zum Motto «Let’s Celebrate».

Das finale Team
Die Final-Teams des Fachwettbewerbs «Brot-Chef»: Lena Masanti und Jona Schuhmacher von der Bäckerei Alt in Endingen (links), Jo Massera und Noelle Mondada von der Confiserie Al Porto in Tenero (mitte) sowie Suena Mueller und Leonie Althaus von der Confiserie Speck in Zug (rechts).
© Hotel & Gastro Union (fotoplus.ch)

Wertvolle Tipps und Tricks

Neu ist auch die Unterstützung durch eine Coachin. «Mit Glenda Müller, Siegerin von 2021, haben wir jemand an der Seite der Teams, die wertvolle Tipps geben kann», so Kogler. «Am Ende geht es nicht nur um Ranglisten, sondern darum, den Nachwuchs zu fördern und die Begeisterung für unser Handwerk sichtbar zu machen.»

Auch für Joel Alt ist die Teilnahme seiner «Schützlinge» eine besondere Erfahrung: «Aus meiner Zeit bei Richemont kenne ich Berufswettbewerbe vom Zuschauen. SwissSkills, EuroSkills und WorldSkills haben zwar ein anderes Niveau, aber denselben Spirit. Toll, dass mit dem Brot-Chef auch ganz junge Berufsleute ihr Talent zeigen können. Das fördere ich gerne.» Gleichzeitig weiss er, wie viel zusätzliche Arbeit in einer Teilnahme steckt – vom Freischaufeln der Zeit im Betrieb bis hin zur Begleitung in der Übungsphase.

Jona, Lena und Joel Alt
Das Schaustück entsteht: Jona und Lena beim Üben, Lehrmeister Joel Alt steht mit Rat&Tat bereit.
© Schweizer Brot

Beim Coaching gab Glenda nicht nur praktische Tipps, sondern schärfte auch den Blick fürs Detail. Worauf die Jury achtet? Saubere Arbeitsschritte, Handwerk, Gewichtskontrolle bei den Teiglingen, kluges Zeitmanagement, präzises Dekor. «Entscheidend ist, was die Lernenden vor Ort zeigen – nicht, was sie sich im Vorfeld überlegt haben», erklärt Glenda.

Ihre Botschaft: Wer das Dekor unter Zeitdruck nicht sauber ausführt oder im Stress vom Rezept abweicht, riskiert Punktabzug. Auch kleine Tricks gab sie weiter: Spickzettel für Gewichte und Backzeiten, das Testen von Maschinen an der Berufsschule, die optimale Nutzung der 30-minütigen Pause.

Jona nutzte das Coaching, um Rezepte zu hinterfragen und Varianten durchzuspielen: «Kann man die Füllung so vorbereiten? Oder zählt das als Halbfabrikat?» – Glenda gab geduldig Antwort und riet zu Klarheit: «Je genauer ihr plant, desto mehr Sicherheit habt ihr am Finaltag.»

Auch die Rollenverteilung wurde geschärft: Jona bringt die Energie und ist stark in der Patisserie, Lena die Ruhe und Präzision bei Brot und Snacks. «Wir ergänzen uns perfekt», sagt Lena. Für beide war das Coaching auch eine wichtige Lektion in Struktur. «Wir sind beide eher spontan», so Lena. «Und unter Zeitdruck ist Improvisieren kein Problem. Aber um bei einem Wettbewerb erfolgreich abliefern zu können, braucht es klare Abläufe.»

Coachin Glenda Müller, Gewinnerin des Brot-Chef 2021, unterstützt alle Teams während der Übungsphase. © Schweizer Brot

Feuertaufe im Durchlauf

Am 28. September wagte das Team die Generalprobe – mit allen Produkten, die auch im Finale auf dem Tisch stehen sollten. In der Backstube türmten sich also zehn Kürbiskern-Butterzöpfe, daneben reihten sich je dreissig Sesam-Kreuzbrötchen und Let’s-Celebrate-Brötli. Auf den Blechen glänzten rote Bicolor-Croissants und Lotus-Himbeer-Törtchen, während in der Patisserie-Ecke gleich vier verschiedene Sweets à zwanzig Stück entstanden: Popcorn-Lotustörtchen, Himbeer-Macarons, Lotus-Himbeer-Choux und eine Schokoladen-Himbeer-Roulade. Dazu kam das Schaustück – ein farbenfroher Partyhut aus Couverture mit schwebenden Ballonen. Abgerundet wurde das Programm mit dreimal zwanzig Apéro-Snacks: Lachs-Avocado-Gläschen, Laugensandwiches und Bruschette.

Der Wettbewerb verlangt ein breites Spektrum an Brot- und Backwaren sowie Sweets, Apéro Snacks und ein Schaustück, was alles beim Durchlauf produziert wird, um die Abläufe zu trainieren. © Schweizer Brot

Nicht alles lief rund: Der Zopfteig ging nicht wie gewünscht auf, was den Plan arg durcheinanderbrachte. Die Pause verzögerte sich, und kleine Handgriffe kosteten wertvolle Minuten. «Ich hasse Warten unter Stress!», gab Jona zu. Lena blieb derweil gelassen: «Dann üben wir das eben noch einmal separat.» Ihre Detailverliebtheit zeigte sich auch beim Tischkonzept: schwarze Unterlage, Schaustück in der Mitte, Produkte auf zwei Ebenen – dekoriert mit farblich abgestimmten Tüchern. Selbst Jonas Grossmutter hilft mit – sie ist beim Finale für das Bestücken des Tisches verantwortlich. «Zum Glück sind die Produkte von der Jury dann alle schon verköstigt und bewertet – sonst wäre ich für diese Aufgabe zu nervös», sagt sie mit einem Lächeln.

Am Ende stand fest: Die Abläufe brauchen Feinschliff, aber die Richtung stimmt. «Wir wollen am Finale einen Tisch präsentieren, auf den wir stolz sind», sagt Lena. Und Jona meint: «Wir wissen, woran wir noch arbeiten müssen – haben nun auch noch ein paar Wochen Zeit.»

Butterzopf Kürbiskern mit grünem Kürbiskernöl
Klassischer Kürbiskern Butterzopf
Kürbiskern-Butterzopf: Ein Zopf aus zwei Strängen: einer klassisch mit Butter, der andere mit grünem Kürbiskernöl verfeinert und in Kürbiskernen gewälzt – ein harmonisches Spiel von Farben und Geschmäckern. © Hotel & Gastro Union (fotoplus.ch)

Das grosse Finale

Am 25. Oktober 2025 war es dann soweit: Das Finale des «Brot-Chef – Team Edition» in der Berufsschule Aarau stand an. Sechseinhalb Stunden volle Konzentration, nur unterbrochen von einer 30-minütigen Pause – und begleitet von rund 200 Zuschauerinnen und Zuschauern, die gebannt verfolgten, wie die drei Teams um den Sieg kämpften.

Bereits am Vorabend mussten Lena und Jona improvisieren: Im Auto war eine vorbereitete Komponente ausgelaufen, dazu mussten auch Teigzutaten neu portioniert werden. Denn Mehl und Salz durften nur einzeln abgewogen mitgebracht werden – ein Zusatzstress, den das Duo aber mit Gelassenheit hinnahm.

Kurz vor Wettbewerbsbeginn dann ein kleiner Schreckmoment: Jona schlägt sich beim Einrichten den Kopf an. Ein Pflaster, ein kurzer Fluch – und weiter geht’s. Von da an läuft alles im Wettkampftempo. Die Spannung ist greifbar. Lena und Jona arbeiten konzentriert, stehen sichtlich unter Strom. Ein Blech mit Teiglingen fällt Lena aus der Hand, doch sie bleibt ruhig. Jona murmelt leise «Scheisse». Und Lehrmeister Joel Alt sagt: «Alles gut, einfach weitermachen.» Immer wieder tauschen sie kurze Blicke, koordinieren Handgriffe und wischen die Arbeitsfläche frei. Die beiden sprechen kaum – das Team versteht sich fast blind.

Hochspannung vor dem Finale: Lena und Jona warten auf den Startschuss und legen dann beherzt los. © Hotel & Gastro Union (fotoplus.ch)

Und doch ging der Plan nicht immer auf. Beispielsweise sollten die Zöpfe eigentlich vor der Pause in den Ofen. Doch weil die Zeit knapp wurde, wanderten die Teige kurzerhand in den Kühler, um sie später zu backen – ein wichtiger Entscheid, um insgesamt im Timing zu bleiben. So hat Jona die Uhr auch stets im Blick, kalkuliert, plant, rechnet. Die Backstube ist erfüllt vom Klappern der Bleche und vom Duft frisch gebackener Brote. Als um 14 Uhr der Jury-Ausruf kommt – «Noch 30 Minuten!» – geht ein Raunen durchs Publikum. Die Snacks wie auch das Schaustück waren nämlich noch nicht fertig, aber die restliche Zeit sollte reichen.

Dann der Moment der Erlösung: Das letzte Patisserie-Stück ist fertig. Spontan bricht Applaus aus und Lena und Jona fallen sich erleichtert in die Arme. Auf die Frage, ob sie zufrieden sind, sagt Jona mit einem schiefen Lächeln: «Ich sags mal so: Besser geht’s immer – aber ja, eigentlich schon.» Nun hiess es: Abwarten und den Präsentationstisch fertig schmücken. Leider bricht beim Transport des Schaustücks die feine Schokoladenkonstruktion zusammen. Geschickt setzen die beiden das Kunstwerk am Präsentations-tisch wieder zusammen – improvisiert, aber mit Würde.

Die letzten Handgriffe: Patisserie und Schaustück erhalten den letzten Schliff. © Hotel & Gastro Union (fotoplus.ch)

Siegerehrung mit Speedbaking-Einlage

Bevor die Rangverkündigung anstand, mussten die Teams noch eine letzte Herausforderung meistern: das Speedbaking, das ausserhalb des regulären Wettbewerbs bewertet wurde. In drei Runden à drei Minuten galt es, überraschende Aufgaben zu lösen. Die erste Aufgabe: Möglichst viele Brezeli formen. Danach galt es, Mandelmasskonfekt gemäss Schablone aufzudressieren und mit Nüssen zu dekorieren. Bei der letzten Aufgabe sollten sie mit Spritzkuvertüre den Schriftzug «Let’s Celebrate» schreiben. Was spielerisch klingt, hat einen klaren fachlichen Hintergrund: Hier zählen Handgeschick, Tempo und Präzision. Für das Publikum ein grosser Spass und die Gelegenheit, ihre Teams nochmal lautstark anzufeuern. Tatsächlich holen Jona und Lena dabei ihre letzten Energiereserven heraus und gewinnen diese Challenge souverän. Ein kleiner, aber verdienter Etappensieg.

Kurz darauf dann die ersehnte Rangverkündigung: Das Team Flour Power belegt den 2. Rang – hinter den neuen Brot-Chef-Gewinnerinnen Leonie Althaus und Suena Müller vom Team Specklis. Rang 3 belegt das Team Gli impastati aus dem Tessin, Jo Massera & Noelle Mondada.

Spezialwettbewerb Speedbaking: 3 x 3 Minuten Handwerk. Beim Aufdressieren der Mandelmasse zählt nicht nur Tempo, sondern auch Präzision. © Hotel & Gastro Union (fotoplus.ch)

Manfred Blum, Präsident der Wettbewerbskommission lobt die Teilnehmenden: «Es war eine grosse Freude, die Teams heute zu beobachten. Es war eine enge Entscheidung und ich bin mir sicher, dass der Brot-Chef für sie alle eine persönliche und fachliche Bereicherung war und ist.»

Für Lehrmeister Joel Alt ist der zweite Platz ein voller Erfolg. «Ursprünglich war unsere Devise: Mitmachen ist alles», sagt er schmunzelnd. «Aber irgendwann hatten wir dann schon auch Ehrgeiz und Ambitionen. Rang 2 passt perfekt für uns!»

Ob mit Pokal oder ohne – die Teilnahme am Brot-Chef war für Lena und Jona eine prägende Erfahrung. «Es ist die beste Vorbereitung für die Lehrabschlussprüfung», sagt auch Coachin Glenda. Und es ist ein Abenteuer, das zeigt: Die Zukunft des Bäckerhandwerks ist voller Herzblut, Kreativität – und ganz viel Flour Power.

Präsentationstisch von Lena und Jona
Drei Patisserie Schaustücke
Der Präsentationstisch des Teams Flour Power: Eine Fülle an Genuss und Handwerk. © Hotel & Gastro Union (fotoplus.ch)