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Mühlerama

Mühle zum Anfassen

Das Mühlerama in der ehemaligen Mühle Tiefenbrunnen ist ein kleines Bijou unter den Zürcher Museen. Hier kann man eine frühindustrielle Mühle in Vollbetrieb erleben, sich von einem Müller die komplexe Mechanik erklären lassen und sogar selbst mit anpacken.

Marlies Keck

Wo früher Mehlsäcke lagerten und Pferdehufe klapperten, wird heute gewohnt, eingekauft, getanzt und gut gegessen: im Tiefenbrunnen-Quartier mitten in Zürich. Die Mühle ist fast 100 Jahre alt. Zuvor war an diesem Ort eine Brauerei, die 1913 stillgelegt wurde. Die Familien Wehrli und Koller kauften die Gebäude und richteten eine Mühle ein, die von Anfang an mit Strom lief. 1907 hatte die Stadt Zürich die Elektrizität eingeführt. Der Originalmotor von 1913 treibt die Maschinen bis heute an. Die Mühle war europaweit eine der grössten und mahlte 50 Tonnen Getreide in 24 Stunden, pro Stunde 75 Kilogramm Weizen, was 50 Kilogramm Mehl ergibt. 70 Jahre lang stand sie Tag und Nacht nicht still bis 1983, als sie in ein Museum umgewandelt wurde.

Die Mühle wie auch alle wichtigen Einrichtungen, die beim Mahlprozess eine Rolle spielen, sind nach wie vor vorhanden und es werden auch immer noch mehrere Tonnen Mehl im Jahr gemahlen. So können Museumsbesucher die frühindustrielle Mehlproduktion auf lebendige Weise miterleben. Müller und andere Mühlenfachleute sorgen dafür, dass die Maschinerie wie geschmiert läuft und Abnutzungen oder Schäden mit Sachverstand behoben werden. Auf kurzen Rundgängen und Führungen zeigen sie dem Publikum die wichtigsten Stationen, die das Getreide auf seinem Weg zum Mehl passiert.

Der Besucher als Mehlsack

Anders als bei einer statisch angelegten Dauerausstellung kann das Publikum auch selbst Hand anlegen und durch körperliches Tun und Ausprobieren die wichtigsten Zusammenhänge und Abläufe in einer Mühle verstehen. Das Selbermachen fördert gerade bei Kindern und Jugendlichen das Verständnis für ein traditionelles Handwerk. Dass das Konzept des «Selbermachens» Anklang findet, zeigt sich in der beliebten Mahlwerkstatt. Nicht nur Kinder, sondern  Erwachsene jeden Alters mahlen dort mit unterschiedlichen Techniken begeistert ihr eigenes Mehl: mit Reibsteinen, Handmühlen, Kurbelmühlen oder  einem Mahlvelo. Nach dem Sieben kann jeder sein Mehl eigenhändig wägen, verpacken und mit nach Hause nehmen. Doch vorher wird noch gerutscht! Denn am Ende des Museumsrundgangs darf man sich nämlich für einmal wie ein Mehlsack fühlen und vergnügt die Sackrutsche hinunterrutschen.

Selber Brot backen

Nach dreissig Jahren Museumsbetrieb ist es Zeit für eine Gesamterneuerung. Die Industriemühle bleibt dabei weiterhin das Herzstück. Künftig sollen die Besucherinnen und Besucher aber noch mehr selber Hand anlegen dürfen. Aus dem selber gemahlenen Mehl soll der Besucher auch sein eigenes Brot backen können. Die vergrösserte Backstube wird ausserdem für Events und Kurse vermietet. Zudem soll das Thema Ernährung in der Dauerausstellung mehr Platz erhalten. Auch Sonderausstellungen sind weiterhin Teil des Konzepts, das stärker auf interaktive Formen setzt.

Zu Besuch im Mühlerama

Der «Kleine» von Bloggerin Rita Angelones war kürzlich zu Besuch im Mühlerama. Was er im Museum erlebt hat, erzählt er gleich selber. Und auch die Journalistin Michèle Combaz Thyssen hat sich das Erlebnis Mühlerama nicht nehmen lassen und für die Zürichseezeitung eine Reportage geschrieben.

Nützliche Informationen

Mühlerama, Seefeldstrasse 231, 8008 Zürich, Tel. 044 422 76 60
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Samstag von 14 bis 17 Uhr; Sonntag 10 bis 17 Uhr.

Für Kindergeburtstage oder Gruppen kann ein Brotback-Workshop mit Führung gebucht werden.

www.muehlerama.ch