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Von A bis Z «ooverockt guet»

Kulinarische Entdeckungen im Appenzellerland

Wer regionale Produkte aus natürlicher Produktion schätzt, ist im Appenzell am richtigen Ort. Die Palette einheimischer Produkte gegen «Hunger ond Dorscht» ist breit. Unsere liebsten (Brot)-Spezialitäten aus den beiden Halbkantonen.

Marlies Keck

Egal, ob man es gerne salzig oder süss mag: Das Appenzellerland bietet für jeden Geschmack etwas. Das bekannteste Produkt ist der Appenzeller Käse®, welchem die geheimnisvolle Kräutersulz das würzig-rezente Aroma verleiht. Bei den Fleischwaren ist vor allem der Pantli (Landjäger) erwähnenswert sowie das Mostbröckli – ein rohes Stück Fleisch, das erst in einer Würzmischung gelagert, dann geräuchert und zum Schluss getrocknet wird. Kristallklares Quellwasser aus dem Alpstein verleiht dem Appenzeller Bier seine Einzigartigkeit. Geheimnisvoll gewürzter Teig, Honig und die Mandelfüllung sind die Zutaten für den Appenzeller Biber. Und zu guter Letzt geht in gemütlicher Runde «nach Appenzeller Art» nichts über einen echten Alpenbitter, dem 42 Kräuter seinen typischen Geschmack verleihen. Übrigens kommen die meisten Appenzeller Spezialitäten in beiden Halbkantonen vor.


Das Appenzell: Schlaraffenland für herzhafte Geniesser. © Appenzell Tourismus

Und wie sieht es mit Brotspezialitäten aus? Tatsächlich bieten die beiden Halbkantone auch beim Brot eine überraschende Vielfalt an Rezepten und Traditionen. Eine kleine Auswahl unserer Lieblinge:

1. Das Kantonsbrot – der Klassiker

Ein Blick auf die Landkarte der Kantonsbrote offenbart: Das Appenzell teilt sich das Kantonsbrot mit St. Gallen und Thurgau, wo es entsprechend nach ihrem Kanton benannt ist. Tatsächlich ist es als St.-Galler-Brot auch erst in allen übrigen Gebieten der Schweiz ein Begriff. Für uns nur kleines Detail – viel entscheidender ist, dass es schmeckt. Und das tut es! Die feine Porung, die ausgeprägte Kruste wie auch der herzhaft milde Geschmack charakterisieren diesen Klassiker. Optisch erkennt man das Brot an der markanten «Nase», die vom Bäcker viel handwerkliches Geschick und Routine verlangt. Kombiniert mit Käse und Wein, erhält man eine regelrechte Trilogie des Genusses. Und wem es gar nicht genug Appenzeller Käse® sein kann, dem sei das Appenzeller-Walnuss-Brot empfohlen – ein Gedicht.


Brot, Käse und Wein – die perfekte Mariage. Unser Tipp: Gedörrte Birnen oder getrocknete Aprikosen schmeicheln dem Gaumen noch zusätzlich. © Schweizer Brot

2. Die Bröötis – die Kunstvollen

Unter dem Begriff «Bröötis», dem Appenzeller Mundartausdruck für Brotiges, sind vier verschiedene Gebildbrote zusammengefasst, die alle aus dem gleichen milchhaltigen Weggliteig bestehen. Es handelt sich dabei um den «Filering», das «Filebrood», die «Tafle Vögel» und die «Tafle Zöpf». Der Filering ist ein vierteilig und hoch geflochtener Zopf in Ringform, das Filebrood besteht aus einem runden Aussenring, einem vierteilig geflochtenen Flachzopf, der in die Mitte gelegt wird, und sechs Teigstücken in geschwungener S-Form in den Zwischenräumen. Die Tafle Vögel wiederum sind aus einem Teigstrang geflochtene Vögel mit einem langen Rumpf und einem kleinen Kopf mit Augen aus Wachholderbeeren. Je vier Vögel werden zusammen gebacken und bilden so eine quadratische Fläche, die umgangssprachlich «Tafle», also Tafel genannt wird. Nach dem gleichen Prinzip funktionieren die «Tafle Zöpf»: Je vier dreisträngige, kleine Zöpfe werden zusammen gebacken und ergeben eine quadratische Tafel von Zöpfen.


Trotz Ähnlichkeit mit einem Zopf, bestehen weder Tafel-Vögel noch Filebroot aus einem Butter-, sondern aus einem Milchteig, dem ein wenig Pflanzenfett beigegeben wird. © Bäckerei Böhli / Cuisine Helvetica

Fürs Fest oder für Freunde

Die klar häufigste Variante ist der Filering, der in Innerrhoder Bäckereien das ganze Jahr über als Sonntagsgebäck hergestellt wird. Die anderen Gebäcksformen tauchen ausschliesslich in der Advents- und Weihnachtszeit auf und sind eine Exklusivität des Kantons Appenzell Innerrhoden. Über die Herleitung der beiden Ausdrücke Filering und Filebrood herrscht keine Klarheit. Vielleicht gehen sie auf einen spätmittelalterlichen Brauch zurück, nach dem sich Freunde und Verwandte untereinander mit besonders schönem Brot zu beschenken pflegten. Man nannte dieses Brot nach dem griechischen Wort für Freund, «philos»: «Philenbrot». Eine Filetarbeit nennt man aber auch das Knüpfen (Filieren) eines Fadennetzes durch besondere Knoten, das in Mustern mit Fäden durchstopft wird. Tatsächlich erinnert ein «Philebrot» an eine solche Filetarbeit. Wie auch immer: Gegessen werden die Bröötis, die frisch am besten schmecken, ganz klassisch zu Butter und Honig oder Konfitüre als Frühstück oder zum Abendbrot. Und wer sich am Knüpfen – pardon Filieren – probieren will, dem empfehlen wir unser Rezept.


Brot in der Hauptrolle – beim Verwerten in gluschtigen Rezepten oder im Bread Beer. © Appenzell Tourismus / Schweizer Brot

3. Das Resteessen – Die Urchigen

Auch bei noch so gluschtigen Spezialitäten – Reste kommen bei den besten Essern vor. «Gut so!» würde man fast sagen, wenn man sich die folgenden Gerichte durchliest – und vor allem probiert! Beim «Alte Maa» wird Brot und Käse lagenweise in eine Schüssel gegeben, Milch und Rahm darüber gegossen und für eine Stunde lang stehen gelassen. Dann kommt das Brot in eine Bratpfanne, wo es zugedeckt erhitzt und unter mehrmaligem Wenden «rösch» gebraten wird. Mit Pfeffer gewürzt passt es hervorragend zu Apfelmus oder grünem Salat. Traditionell trinkt man dazu Milchkaffee. Wer aber lieber ein Bier geniesst, dem sei das Bread Beer empfohlen, bei dem die Brauerei Locher in Appenzell einen Drittel des Gerstenmalzes durch Brotbrösmeli ersetzt, die im Braukessel in vergärbaren Zucker umgewandelt werden. Prost!


Herzhaft und gut: Die gratinierte Appenzeller Zwiebelsuppe mit gerösteten Brotscheiben. © Appenzell Tourismus

Von A bis Z «ooverockt guet»

Dem «Alten Maa» ganz ähnlich, wird der «Käse-Schoope» zubereitet: Erst für die Käsemasse den geriebenen Appenzeller® Käse mit Pfeffer und Muskat würzen und mit dem Rahm zu einem festen Brei mischen. Das Brot wie beim Fondue in Würfel schneiden und in Butter goldbraun anrösten. Die Käsemasse dann über die heissen Brotwürfel (in der Bratpfanne) geben und so lange schwenken, bis alle Brotwürfel mit der Käsemasse schön überzogen sind. Mit viel fein geschnittenem Schnittlauch bestreuen und sofort heiss servieren. Ein bisschen edler wird es dann bei der «gratinierten Appenzeller Zwiebelsuppe». Sie wird zum Abschluss nämlich mit gerösteten Brotscheiben belegt, mit geriebenem Appenzeller® Käse bestreut und so kurz im Ofen goldbraun überbacken. Hmmm!

Schaut man nun auf die Fülle der Spezialitäten, lässt sich ohne Zögern sagen: Das Appenzellerland schmeckt von A wie Appenzeller Käse bis Z wie Zwiebelsuppe einfach «ooverockt guet».

© Headerbild Christof Sonderegger

Appenzeller Genuss-Tipps

Wer sich die Spezialitäten lieber von Profis machen lässt oder ihnen über die Schulter schauen möchte, besucht am besten folgende Adressen:
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