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Teig

So entsteht der optimale Teig

Mischen, Kneten, Ruhen: Zur optimalen Teigentwicklung gehören unterschiedliche Phasen, die je nach Getreideart unterschiedlich lang dauern. Ziel ist stets ein aromatisches, formfestes und lang haltbares Brot.

Schweizer Brot

Für den klassischen Brotteig benötigt man Mehl, Wasser, Speisesalz und ein Triebmittel (Hefe oder Sauerteig). Diese Zutaten reichen aus, um ein vielseitiges und sättigendes Produkt zu schaffen, das den Speiseplan auf genussvolle Weise bereichern kann. Egal, welches Brot entstehen soll, wichtig für ein hochwertiges Produkt ist vor allem die Qualität der Zutaten. Doch auch das Mischen, Kneten und Ruhen gehören zu einer optimalen Teigentwicklung dazu. In der Fachsprache nennt sich das die Triebführung. Dazu gehören Fragen wie: Wird mit Vorteig (dem sogenannten Hebel) gearbeitet, oder werden die Teigzutaten direkt zusammengemischt? Wie lange gärt der Teig? Wird mit Hefe oder Sauerteig gearbeitet, oder mit beidem? Wieviel davon? Bei welcher Temperatur? Und wie lange dauert das Ganze? Die Bäckereien haben über die Jahrzehnte verschiedenste Methoden der Triebführung entwickelt. Abhängig von der gewünschten Qualität und Beschaffenheit des Brotes wählt man die passende Methode aus.

Egal, welches Brot entstehen soll, wichtig für ein hochwertiges Produkt ist vor allem die Qualität der Zutaten. (Bild: Richemont)

Das Mischen

Beim Mischen – vom Profi auch Quellknetung genannt – geht es darum, alle Zutaten gleichmässig zu verteilen, insbesondere das Mehl. Denn im Mehl befinden sich verschiedene teigbildende Inhaltsstoffe wie beispielsweise Stärke, Proteine, Schalenteile u.a. Die Wasseraufnahme dauert je nach Getreideart unterschiedlich lange, wobei die Mischphase von der Knetphase abgelöst wird. Weizenteige haben eine Quellzeit von ca. 10 bis 15 Minuten, um dann lang und intensiv geknetet zu werden. Der Dinkelteig hingegen wird lange gemischt und nur kurz oder gar nicht geknetet. Der Grund liegt in der unterschiedlichen Klebereiweissqualität des Getreides. Beim Roggenvollkornteig wird oft über lange Zeit langsam gemischt und gar nicht geknetet, um eine optimale Verquellung ihrer strukturgebenden Bestandteile (Pentosane) zu erreichen. Ganz gleich, welche Misch- und Knetzeiten angewandt werden, Ziel ist stets die Verbindung von Proteinen und Kohlenhydraten mit Wasser, um eine für das Volumen und die Frischhaltung optimale Teig- und später Brotstruktur zu erreichen. Besondere Zutaten, wie zum Beispiel Nüsse oder Rosinen, die beim Kneten das Teiggerüst stören würden, werden erst am Ende unter den Teig gemischt.


Weizenteige brauchen eine Quellzeit von ca. 10 bis 15 Minuten, um das Gluten optimal zu benetzen. Da das Glutein sehr stabil ist, kann er nachher gut geknetet werden. (Bild: Richemont)

Das Kneten

Beim Bäcker werden alle Zutaten in übergrossen Knetmaschinen zu einem Teig geknetet. Der Bäcker überwacht dabei die Teigtemperatur sowie die Teigkonsistenz und nimmt den Teig nach Abschluss des Knetprozesses aus der Maschine. Generell können alle Teige auch ohne Knetmaschine bearbeitet werden, was teilweise auch in den Bäckereien wieder vermehrt der Fall ist. Denn die Teigführung mit Vorteigen und Sauerteig verkürzt die Knetzeit, d.h. während der Gärzeit bildet sich der Teig zu einem grossen Teil selber. Für das Kneten von Hand sind zum Beispiel Dinkel- oder Roggenteige geeignet, da sie über längere Zeit schonend gemischt und nicht intensiv geknetet werden müssen. Weizenteige dagegen erfordern viel Kraftaufwand, vor allem wenn sie von fester Konsistenz sind, wie klassische Brötchenteige. Soll ein Weizen- oder Dinkelteig also von Hand geknetet werden, ist es ratsam, den Teig mehrfach in alle Richtungen kräftig zu dehnen und wieder heranzurollen, um das Klebergerüst aufzubauen. Lässt sich der Teig zwischen den Fingern hauchdünn und glatt ausziehen, ist er ausreichend geknetet.

Ein anderes Verfahren für Weizen- und Dinkelteige ist das sogenannte «no knead»-Prinzip (englisch für «nicht kneten»): Sind alle Zutaten gleichmässig vermischt, wird der Teig während der Teigruhe mehrfacht gedehnt und zusammengefaltet, aber nicht geknetet. Da der Teig hier über eine lange Zeit in Intervallen bearbeitet wird, profitiert nicht nur die Teigstruktur, sondern auch der Brotgeschmack.


Lässt sich der Teig zwischen den Fingern hauchdünn und glatt ausziehen, ist er ausreichend geknetet. (Bild: Richemont)

Das erste Ruhen

Luftiges und schmackhaftes Brot braucht zwei Dinge: Kohlendioxid und Alkohol. Kohlendioxid sorgt für das Volumen und die Luftigkeit – ohne sie wäre jedes Brot bloss ein Klumpen. Der Alkohol (der beim Backen verdunstet) sorgt für ein gutes Aroma. Beide Stoffe entstehen durch die Arbeit des Triebmittels im Teig. Voraussetzung ist, dass Stärke in Traubenzucker abgebaut wird und Proteine in Aminosäuren umgewandelt werden. Denn Traubenzucker und Aminosäuren bilden die Nahrung für die Hefe. Während der ersten Ruhezeit des Teiges (auch Stockgare genannt) übernimmt sie nun die Produktion von Kohlendioxid und Alkohol. Dieser Gärvorgang kann abhängig vom gewünschten Resultat 30 Minuten oder 10 Stunden dauern. Je nach Gebäckart und Dauer der Knetphase kann die erste Teigruhe durch Bearbeitungsvorgänge (zum Beispiel Dehnen und Falten) unterbrochen werden.


Die Stockgare bezeichnet die Gärphase des ungeformten Teiges nach dem Kneten und vor dem Formen. (Bilder: Richemont)

Das Formen

Nach der ersten Teigruhe wird der Teig in Portionen geteilt; in industriellen Betrieben geschieht das maschinell, in kleineren Bäckereien wird der Teig von Hand geteilt. Mit dem Formen – oder dem «Rundwirken», wie der Profi sagt –, wird dem Brot die entscheidende Struktur von Krume und Kruste gegeben. Dabei wird der Teig durch Ziehen und Drücken auf einer Seite gestrafft und auf der gegenüberliegenden Seite zusammengeführt. Die Nahtstelle wird «Schluss» genannt. Weizen- und Dinkelteige können straffer geformt werden als Roggenteige, die kein dehnbares Teiggerüst haben. Der geformte Laib wird entweder mit Schluss nach oben (Ergebnis ist eine glatte oder eingeschnittene Brotkruste) oder mit Schluss nach unten (Ergebnis ist eine rustikale Brotkruste) in den Gärkorb bzw. ins Bäckerleinen gelegt.


Nach der ersten Teigruhe folgt das so genannte „Rundwirken“ und dann die Stückgare, also die letzte Ruhe- und Reifephase vor dem Backen. (Bilder: Richemont)

Die zweite Teigruhe

Nach dem Formen schliesst sich die zweite Teigruhe an, auch Stückgare genannt. In dieser Phase steht die Gasproduktion im Vordergrund. Die Hefen und Milchsäurebakterien bilden Kohlenstoffdioxid, das den Teig aufgehen lässt. Die Dauer der Stückgare kann je nach Rezept bzw. Herstellungsprozess von wenigen Minuten bis zu 24 Stunden reichen. Damit ist der Teig nun bereit für das Backen. Zu Hause schieben wir den Teig in den Backofen. Tut dies der Bäcker, nennt er es «Einschiessen». Dazu nutzt er entweder einen Einschiessapparat, oder er schiesst die Teiglaibe von Hand mit dem Backschüssel ein. Den Backschüssel dürften die meisten von uns aus der Pizzeria oder der Holzofenbäckerei kennen. Moderne Backöfen sind je nach Backgut unterschiedlich. Es gibt Etagenbacköfen, Backschränke, mit Holz befeuerte Backöfen oder Durchlaufbacköfen.