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«Wirten ist eine Glaubenssache»

Das Restaurant Rössli hat einen Award für sein regional hergestelltes Brot erhalten.

Das Überraschungs-Fünfgang-Menu im Restaurant Rössli steht nicht nur zum Wohle der Gäste auf der Menukarte, sondern auch zum Wohle der Nachhaltigkeit. Die Bestellung des Überraschungsmenus ermöglicht dem Restaurant, weniger Lebensmittel am Ende des Tages in den Abfallcontainer zu werfen. Ein Kampf gegen Foodwaste also.

Annina Quast

Im Rössli wird viel Wert auf Nachhaltigkeit gelegt: Alle Produkte sind regional und saisonal eingekauft. So auch das Brot, wofür das Restaurant im Juli 2018 den Award von Best of Swiss Gastro, im Bereich Schweizer Brote erhielten. «Kriterien für diesen Award sind die Vielfalt sowie auch der regionale Einkauf», sagt Irene Baumann, Pächterin des Restaurants Rössli. Das Brot bezieht die Gastwirtschaft ausschliesslich von Bäckereien aus Flawil und der näheren Umgebung.

Doch das umweltbewusste Denken findet sich im Rössli nicht nur auf dem Teller: Das stille Örtchen wird bald mehr Geräusche von sich geben, denn die Papiertücher sollen durch Föhne ersetzt werden. Die Pissoirs laufen bereits ohne Spülung, des Wassersparens zu Gunsten.

Brot-Award zieht nicht mehr Gäste an

«Für mich muss die Art des Betriebs stimmig sein und nicht der Gewinn», sagt Irene Baumann. Sie will dem weltweiten Schreien nach Nachhaltigkeit eine Antwort geben.

Obwohl die Pächterin nicht glaubt, dass der Brot-Award mehr Gäste anziehen wird, ist ihr die Auszeichnung wichtig, denn: «Wir wissen, von wo wir kommen und wohin wir wollen.» Es gehe um eine Philosophie, die man unterstützen wolle, nicht um den wirtschaftlichen Gewinn. Ausserdem bringe eine solche Auszeichnung Strategie und ein Bewusstsein für Qualitätsware sowie Nachhaltigkeit in das Team. «Klar muss ich darauf achten, dass Geld für den Unterhalt des Hauses reinkommt. Doch für mich stellt sich immer die Frage, unter welchen Umständen.» Natürlich sei der Einkauf bei kleinen, regionalen Vertreibern teurer und vor allem aufwendiger als bei einem Grosskonzern. «Die Mühe ist es mir Wert. Das bedeutet für mich Heimatschutz», sagt Irene Baumann.

Kürzlich habe sie vom neuen Nestlé Fusetea auf den regionalen Eistee vom Holderhof gewechselt. «Dafür braucht es auch Wille und Aufwand des regionalen Produzenten.» Der Weg über die Grosskonzerne wäre durchaus einfacher und preiswerter, betont Irene Baumann. «Aber dann würde ich nicht jeden Morgen so motiviert aufstehen.»

Servieren, ist nicht gleich servieren

Das mittlerweile 350 Jahre alte Haus wird laufend saniert, so erhält die Rösslistube zum Beispiel einen neuen Boden, um eine bessere Isolation gewährleisten zu können. «Solche Erneuerungen sind toll aber auch sehr kostspielig», sagt Irene Baumann. Gleichzeitig müsse man sich immer bewusst sein, worin der Kernauftrag des Wirtens liege, und einen guten Mittelweg zwischen Qualität, Nachhaltigkeit und finanzierbaren Preisen finden. «Auch wenn es schwierig ist: Irgendwo kann man immer anfangen, denn Wirten ist eine Glaubenssache.»

Das Restaurant Rössli ist einer der wenigen Betriebe, die noch Service- und Kochpersonal ausbilden. Zurzeit arbeiten fünf Lernende in dem Gasthaus. Bisher sei es kein Problem gewesen, die Lehrstellen zu besetzen, trotzdem bedauert Irene Baumann die Wertschätzung der Gastro-Arbeiter in der Gesellschaft. «Viele denken, es ginge nur um das Servieren. Dabei steckt soviel mehr dahinter.» Zum Beispiel müssen auch die Lernenden bereits einwandfreie Auskunft über Inhaltsstoffe und Allergene geben können. «Man muss richtig Biss haben, um in der Gastronomie arbeiten zu können.»

© Headerbild Annina Quast

Restaurant Rössli

Irene Baumann
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