Im Gespräch

Brot in der Ernährung: Mythen und Tipps

Im Gespräch mit Helena Kistler

Was steckt in Brot und weshalb gehört es zu einer ausgewogenen Ernährung dazu? Wir haben bei Helena Kistler nachgefragt. Die Ernährungs-Psychologische Beraterin gibt Tipps zur Wahl der richtigen Brotsorten, räumt mit Mythen auf und teilt ihre persönlichen Favoriten für eine gesunde und schmackhafte Brotzeit.

Marlies Keck

Frau Kistler, welche Rolle spielt Brot in einer ausgewogenen Ernährung?

Brot ist ein wichtiger Energielieferant, insbesondere für Hirn und Muskeln. Je nach Art des Brotes macht es langanhaltend satt und lässt uns gut arbeiten und denken. Brot ist aber auch gustatorisch einfach «fein» und befriedigt die Sinne. Brot essen ist für mich auch eine Art Kultur.

Wie sieht ihre Brot-Kultur denn aus? Gibt es einen persönlicher Brot-Favoriten?

Ich liebe Sauerteigbrot mit einem bunten Mehlmix. Und ich esse mindestens vier- bis fünfmal die Woche Brot – manchmal sogar täglich, wenn es selbst gebacken ist.

Sie sprechen den Mehlmix an. Welche Unterschiede gibt es da in Bezug auf die Ernährung?

Brot liefert uns einen grossen Anteil an Kohlenhydraten, die uns quasi «Schnellbenzin» für klares Denken und körperliche Tätigkeiten liefern. Je nach Getreideart enthält Brot reichlich Ballaststoffe, Mineralstoffe wie Eisen, Magnesium und Zink, pflanzliches Eiweiss sowie Vitamine der B-Gruppe (B1, B6) und Folsäure.

Je nach Getreideart: Das heisst, es gibt Unterschiede in den Nährwerten zwischen Weissbrot und Vollkornbrot?

Ja. Beim Vollkornbrot sind die Randschichten des Korns noch enthalten. Dadurch liefert es mehr Ballaststoffe, sekundäre Pflanzenstoffe, Mineralstoffe und Vitamine als Weissbrot. Diese zusätzlichen Inhaltsstoffe sind der Grund, weshalb Vollkornbrot als gesünder gilt.

Sie erwähnen die Ballaststoffe. Welche Rolle spielen sie für unsere Gesundheit, insbesondere im Zusammenhang mit Brot?

Allgemein gesagt fördern Ballaststoffe die Verdauung. Und: sie tragen zu einer langanhaltenden Sättigung bei. Sie binden nämlich Wasser und quellen im Magen, was zu einem voluminösen Speisebrei führt, der die Verdauung anregt. Zudem sind Ballaststoffe Nahrung für unsere nützlichen Darmbakterien und unterstützen somit die Darm-Hirn-Achse.

Das klingt nach vielen positiven Effekten. Kann der Verzehr von Brot auch helfen, den Blutzuckerspiegel zu regulieren?

Es kommt drauf an. Aufgrund seines Stärkegehalts steigert Brot den Blutzucker eher. Es gilt die Menge zu dosieren und clever mit eiweisshaltigen Produkten wie Käse, Eier oder Milchprodukten zu kombinieren. Oder man wählt direkt ein Vollkornbrot. All dies ergibt einen langsamen Anstieg der Blutzuckerkurve. Das heisst, in diesem Fall wirkt Brot dann «blutzuckerregulierend».

Wenn wir über ausgewogene Ernährung sprechen: Welche Brotsorten würden Sie für den täglichen Verzehr empfehlen?

Ich empfehle Sauerteigbrot, Urdinkelbrot und Vollkornbrot – idealerweise mit einer langen Teigführung, da es so besser verdaulich ist. Für besondere Anlässe, wie zum Beispiel den Sonntag, darf es aber auch mal ein frischer Butterzopf sein. Schliesslich gehört er ja fast schon zur Schweizer Tradition. Und solche Traditionen gehören zur Kulinarik – man darf und soll sie leben.

Traditionen sind das eine – Mythen das andere. Gibt es bestimmte Mythen über Brot, die Sie gerne aufklären würden?

Oh, da gibt es einige.
Mythos 1 – Brot macht dick. Das stimmt per se nicht. Das Thema Gewichtzunahme oder Dicksein ist viel komplexer und kann nicht auf ein einzelnes Lebensmittel reduziert werden. Es ist abhängig von der Menge, von den kombinierten Beilagen und von unserer körperlichen Aktivität.
Mythos 2 – Knäckebrot macht schlank. Das kann ein grosser Trugschluss sein. Zwei Scheiben Knäckebrot entsprechen einer Scheibe Brot. In der Regel braucht es da mengenmässig mehr an Knäckebrot, um satt zu werden und auch entsprechend Zutaten. Kalorisch könnte man da also rasch höher kommen als mit ein-zwei Scheiben normales Brot.
Mythos 3 – Brotschimmel kann man einfach abschneiden. Ein Irrtum, denn ob ein Schimmelpilz giftig ist oder nicht können wir nicht mit dem Auge beurteilen. Es gibt auch Pilzsporen an Brotstellen, wo man keinen Schimmel erkennt. Also weg damit und auch keine Haustiere mit angeschimmeltem Brot füttern!

Zum Abschluss: Haben Sie noch ein paar Tipps für eine gesunde und leckere Brotzeit?

Natürlich! Zunächst ein hochwertiges Brot wählen und es mit eiweisshaltigen Beilagen wie Käse, Quark oder Hummus kombinieren. Dann, den Teller mit Obst oder Rohkost ergänzen. So einfach kreiert man eine ausgewogene und schmackhafte Mahlzeit.

Ein paar Beispiele?
Gerne.

Sandwich mit Beilagen
Mezze

Sandwich mit
Hüttenkäsetartar (Hüttenkäse, hartgekochtes Ei, Gürkli, Cherrytomaten, Paprika, Salz und Pfeffer)
Rohkost-Gemüse wie Rüebli-, Kohlräbli-, Peperonistängeli
Urdinkelbürli
Birnenschnitze

Käseplatte

Käseplättli mit
Hart-, Weich- und/oder Blauschimmelkäse
verschiedene Nüsse (Baum-, Pecan-, Cashewnüsse)
Chutney (süss-sauer oder scharf)
eingelegtes Gemüse (z.B. Zwiebeln, Gewürzgurken, gepickelter Gemüsemix)
(Roggen-)Sauerteigbrot

Fleischplättli mit
Rohschinken, Bündnerfleisch und Mostbröckli
Antipasti in Form von getrockneten Tomaten, grillierten Artischocken oder Zucchini
Ciabatta oder Grissini
frische Feigen

Mezze-Teller mit
Humus, Baba Ganoush (Auberginenmus) und/oder Joghurt-Dip mit Knoblauch
Oliven, Tomate und Gurke
Fladen- oder Pittabrot
Getrocknete Früchte wie z.B. Aprikosen, Pflaumen oder Datteln

Da ist für jeden was dabei. Wir sagen: «En Guete!»

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Helena Kistler

Helena Kistler ist diplomierte Ernährungsberaterin FH und hat zusätzlich einen Abschluss als Ernährungs-Psychologische Beraterin IKP. Sie arbeitet Teilzeit im Medizinischen Zentrum Bad Ragaz und ist freischaffend in der Erwachsenenbildung und Medienwelt tätig. Ihre Passion ist es, mit ihrer langjährigen Erfahrung über den sogenannten «Tellerrand» hinauszuschauen, die Verknüpfung des Essverhaltens mit den Lebensumständen zu beleuchten und die Menschen für mehr Qualität und für eine entspannte Beziehung zum Essen zu sensibilisieren.

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