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Freiburger Cuchaule

Wenn der Duft Erinnerungen heraufbeschwört

Eine Brioche mit Safran, Butter und süsser Senf als Aufstrich – was für manche sonderbar klingen mag, erinnert die Freiburger sofort an ihre Cuchaule und lässt ihnen das Wasser im Mund zusammenlaufen. Wir wollten die Geheimnisse dieser Spezialität ergründen und haben den für seine Bio-Cuchaule bekannten Freiburger Bäcker Gérald Saudan besucht.

Anick Goumaz

Die Cuchaule ist eine weiche, leicht abgeflachte Brioche, zu erkennen an der Kruste mit Rautenmuster und dem safrangelben Inneren. Safran verwendeten die Schweizer Bäcker bereits im 16. Jahrhundert. Aus dieser Zeit stammt auch die erste schriftliche Erwähnung dieses Brotes. «Die Cuchaule ist typisch für Freiburg, sie gehört sozusagen zum kantonalen Erbgut. Es gibt einfach nichts Vergleichbares! Wenn ich nur schon daran denke, wird mir ganz warm ums Herz», so Gérald Saudan, Bäcker in Freiburg, über das safrangelbe Hefebrot, das so viel mehr ist als eine einfache Brioche. «Die Cuchaule ist DAS regionale Produkt. Egal, wohin es die Freiburger im Laufe ihres Lebens verschlägt – ob in andere Gegenden der Schweiz oder gar ins Ausland – viele bestellen bei uns ‘ihre’ Cuchaule, und wir schicken sie ihnen per Post zu.»

Ein Festtagsbrot

Die grosse Beliebtheit hängt zum Teil mit dem Freiburger Brauchtum zusammen, wie uns Gérald Saudan erklärt. Denn die Cuchaule gehört zum Menu Bénichon, dem für den Kanton typischen, herzhaften Chilbi-Menü. Es läutet das Ende des Alpsommers ein, wenn das Vieh ins Unterland zurückkehrt. Der gelben Brioche kommt die Ehre zu, ganz oben auf dem Menu zu stehen, sie wird noch vor Suppe, Voressen, Ragout, geräuchertem Beinschinken, Gigot und Meringues mit Rahm serviert. «An diesen Festtagen verkaufen wir viel grössere Mengen als sonst. Die Kunden geben Vorbestellungen auf und nehmen gleich noch ein Glas Bénichon-Senf dazu», erklärt Gérald Saudan.

saudanGérald Saudan

Die Schärfe dieses Gewürzsenfs – einer süsssauren Konfitüre aus Senfkörnern und Vin cuit, was so viel wie Birnendicksaft bedeutet – passt wunderbar zum feinen Safranaroma des runden Brotes. «Der Safran verleiht der Cuchaule das besondere Etwas und ist zusammen mit Butter, Milch und Eiern aus der Region, Mehl, Zucker und Sauerteig eine der Grundzutaten.» Saudan, der bei der Swiss Bakery Trophy zum besten Bäcker Freiburgs 2017-2018 gekürt wurde, ist der einzige, der die Cuchaule zu 100 Prozent in Bioqualität herstellt. Und wie beschreibt er diese Spezialität, die den Freiburgern so lieb und teuer ist? «Das ist ein eher süsses Brot, dem der Sauerteig und die Butter eine leicht säuerliche Note verleihen. Der Safran ist ein Genuss für Nase und Gaumen und hinterlässt einen würzigen Nachgeschmack. Die Cuchaule wird aus einem geschmeidigen, leichten Hefeteig gebacken und erhält eine knusprige Kruste. Genauere Festlegungen fehlen jedoch, denn ein schriftlich überliefertes Rezept existiert nicht.»

artikel© Boulangerie Saudan

Geschützte Ursprungsbezeichnung seit 2017

Bäcker, Müller und Getreideproduzenten haben 2016 die Branchenorganisation der Cuchaule gegründet. Ein erstes grosses Ziel haben sie 2017 erreicht: Der Bund hat die Freiburger Cuchaule als geschützte Ursprungsbezeichnung (Appellation d’Origine Protégée, AOP) eingetragen. In einem Pflichtenheft sind nun die Cuchaule beschrieben und die Produktions- und Herstellungsmethode festgehalten; Weizen, Mehl, Milch, Butter und Eier müssen aus der Region stammen. «Wir wollen zum Schutz des Rezepts einen Rahmen schaffen, dabei aber jedem Bäcker die Freiheit lassen, der Cuchaule seine individuelle Note zu verleihen», so Verbandsmitglied Saudan. Die Website der Branchenorganisation cuchauleaop.ch bietet viele Informationen zu Geschichte, Herkunft und Herstellung der Cuchaule.

terroir fribourg© terroir fribourg

Ein salzig-süsser Leckerbissen

Traditionell wird die Cuchaule zwar mit Butter und Bénichon-Senf gereicht, doch auch ohne schmeckt sie hervorragend. Deshalb sind die Bäckerei Saudan und andere Verkaufsstellen mit Einzelportionierungen ebenfalls erfolgreich. Doch die Cuchaule ist und bleibt ein besonderes Festtagsbrot, das man sonntags gerne in aller Ruhe mit Honig oder Konfitüre geniesst. Und die salzige Variante? Harmoniert das Safranbrot mit Foie gras wie manche Brioches? Dazu Gérald Saudan: «Manche Kunden essen die Cuchaule getoastet mit Foie gras oder einer Pastete, doch das Aroma des Safrans passt nicht zu allen Geschmacksrichtungen. Ich persönlich halte mich gerne an die regionalen Produkte und esse die Cuchaule mit einer guten Freiburger Wurst oder geräuchertem Schinken. Das ist übrigens das Rezept für unser Freiburger Sandwich.» Es ist bald Mittag und wir haben während des Besuchs definitiv Appetit bekommen; also kaufen wir eine Bio-Cuchaule und eines der köstlichen Sandwiches und machen uns auf den Heimweg. Wir sind zwar nicht sicher, ob diese längliche Variante der Cuchaule mit der AOP geadelt werden würde, aber uns hat die Kombination mit Freiburger Wurst überzeugt. Bon appétit!

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