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Nidwaldner Rosinenweggen

Konkurrenz für den Zopf

Er ist der unbestrittene König der Schweizer Sonntagsgebäcke, konkurrenzlos fast schon: der Zopf. In Unterwalden jedoch muss er sich die Herrschaft über den Frühstückstisch mit einem ebenbürtigen Gegner teilen, dem Rosinenweggen.

Marlies Keck

Der Rosinenweggen besteht zwar aus einem Zopfteig, unterscheidet sich aber doch grundlegend vom geflochtenen Gebäck. So sind dem Teig Korinthen, kleinbeerige Rosinen, beigemischt, die dem Gebäck eine angenehme Süsse verleihen, und seine Form gleicht eher jener eines Langbrotes. Das auffälligste Merkmal neben den gut erkennbaren schwarzen Punkten im Teig, den Korinthen, ist das spezielle Zickzack-Schnittmuster auf der Oberfläche, das der Bäcker gern mit «aufgesprungenen Rosenblättern» vergleicht.

Alter und Verbreitung des Rosinenweggens

In der Literatur findet man diverse Hinweise auf Alter und Verbreitung des Rosinenweggens. Der «Unterwaldner Rosinen-Weggen» sei im Zusammenhang mit dem Franzoseneinfall im Jahr 1798 nach Unterwalden gelangt, wird in einem Bericht des Richemont-Fachblattes spekuliert. Schlüssige Beweise für diese Annahme sind keine genannt. Margaretha Haas widerlegt in ihrem Aufsatz «Appetitliches aus Obwalden» diese These. Sie zeigt mit einem Rezept aus dem Jahr 1750, dass das Gebäck schön früher bekannt war: «Zu einem grossen Weggenbrot-Kranz, wie man selben hierlands machen kann, braucht es: 10 Becher Mehl und zu jedem Becher ein Vierling Anken. Item Rosinlein ½ Pfund, Aenis und Salz und etwa 2 Eyer zum überstreichen». Das Rezept ist ein Indiz dafür, dass ein mit Rosinen versehener Weggenbrot-Kranz schon im 18. Jahrhundert in Unterwalden bekannt gewesen sein muss. Im Unterschied zu heute wurde der damalige Weggenbrot-Kranz zusätzlich mit Anis gewürzt, ansonsten muss das Gebäck dem heutigen Rosinenweggen ziemlich ähnlich gewesen sein.

Während der längliche Rosinenweggen mittlerweile als typisches Sonntagsgebäck das ganze Jahr über hergestellt wird, gehört der ringförmige Rosinenkranz, der aus dem genau gleichen Teig besteht, ausschliesslich in die Advents- und Weihnachtszeit. Max Währen schrieb in seinem 1955 erschienen Aufsatz «Unser Weihnachtsgebäck» allerdings: «die Rosinenringe und -wecken (…) gehören in Ob- und Nidwalden zur Weihnachtszeit». Die Trennung der Formen – der Ring als Weihnachtsgebäck, der Weggen als Sonntagsgebäck – hat sich also erst in jüngster Zeit etabliert.

Quelle: www.patrimoineculinaire.ch

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