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Bäckerei Schillig geht mutige Wege

Ganz im Sinne von Wilhelm Tell

Bürglen, das 4000-Seelen-Dorf im Urner Schächental oberhalb Altdorf, gilt als Heimat von Wilhelm Tell. Der Ort ist untrennbar mit dem wohl berühmtesten Armbrustschützen verbunden, hat aber noch andere Superlative im Köcher: die ofenfrischen Brot- und Backwaren der Bäckerei Schillig.

Marlies Keck

In Bürglen begegnet man ihm auf Schritt und Tritt: Wilhelm Tell. © Roland Zumbühl, Wikimedia

Dort, wo sein Haus gestanden haben soll, wurde 1582 die Tellskapelle errichtet. Wenige Schritte entfernt plätschert auf dem Kirchplatz der Tellbrunnen und auf der gegenüberliegenden Strassenseite erhebt sich der mittelalterliche Wattigwilerturm, der das Tellmuseum beherbergt. Mit der Bäckerei Schillig und ihren berühmten Zigerkrapfen, den typischen Mais-Mutschli und dem feinen Bergwurzelbrot beheimatet die älteste Siedlung von Uri aber auch «kulinarische Nationalhelden». Diese kamen ab 1960 aus der Backstube von Werner und Margrith Schillig, die sich damals im Hotel Tell befand. Seit 2002 führt Sohn Christian mit Ehefrau Gaby mit grosser Begeisterung die Familientradition weiter, einfach 50 Meter weiter Richtung Schächental, oberhalb des Tellmuseums.

Jannik BaumannIn der Backstube: Jannik Baumann. © Marlies Keck

Aus der Region

«Bei uns ist alles Handwerk», erzählt Jannik Baumann, der bei Schilligs bereits die Lehre absolviert und heute in der Backstube tatkräftig mithilft. «Auch der Teig wird bei uns von Hand aufgearbeitet, was vielerorts nur noch maschinell geschieht. Und wir lassen unseren Vorteig rund 24 Stunden ruhen, was den Broten ein sehr feines und ausgeprägtes Aroma verleiht.» Wo immer möglich, beziehen Schilligs die Rohstoffe aus der Region. So stammen Milch, Käse und Eier aus der Region und auch der Schnaps für die eigens kreierten Pralinés kommt aus Bürglen. «Nur beim Mehl geht das nicht, da es in Uri keinen Getreideanbau gibt», sagt Gaby Schillig. «Mit Pistor haben wir aber einen vielseitigen Grosshändler an der Seite, bei dem wir unsere Mehlsorten beziehen.»

Gaby und Chrigi SchillingChristian und Gaby Schillig © Bäckerei Schillig

Kulinarisches Erbe

Typisch für die Region ist das Rosinen-Maisbrötli. «Eines unserer liebsten Produkte», so Baumann. «Wir lassen den Teig rund zwei Stunden ruhen und ziehen ihn auf. Das gibt dem Brot die gewünschte Luftigkeit.» Die getrockneten Weinbeeren bilden dabei einen traditionsreichen Pfeiler im kulinarischen Erbe des Kantons: Bereits im 15. Jahrhundert haben die Urner Säumer Rosinen aus Norditalien über den Gotthard gebracht. Damals waren Weinbeeren – nebst Honig – der einzige Süssstoff, den sich die Bauern leisten konnten. «Das Maisbrot gibt es bei uns in drei verschiedenen Grössen», sagt Baumann. «Von Mutschli bis Pfünderli.» Eine weitere Spezialität stellt das Bergwurzelbrot dar. «Das Spezialbrot aus Roggenmehl, Wasser, Salz und Hefe erhält durch die lange Gärzeit sein intensives Aroma und eine knusprige, grossporige Krume», erklärt Baumann. Und Gaby Schillig ergänz schmunzelnd: «Es bleibt auch besonders lange frisch – wenn es denn nicht vorher gegessen wird.» Und dann sind da noch die berühmten Zigerkrapfen. Kleine, rautenförmige Teigtaschen, gefüllt mit frischem Ziger, Magenträs und einer guten Prise Geheimnis. Das Rezept stammt nämlich von Vater Schillig persönlich und wird streng gehütet.

Schilling HauslieferungAls zusätzlicher Service kommt das Beckmobil zum Einsatz. Es fährt hinaus in die Quartiere, um ofenfrischen Produkte wie das Mais-Mutschli, über die Gasse zu verkaufen. © Bäckerei Schillig

Mobile Bäckerei

All ihre Produkte gibt es übrigens nicht nur im Geschäft in Bürglen, sondern auch in verschiedenen Restaurants, Kantinen sowie in der Gotthard-Raststätte und im Altdorfer Zentrum-Markt. Und seit 2014 gehört auch die «Genussbar» im Altdorfer Café Türmli zur Firma. Auch per Luftseilbahn sind die Produkte der Schilligs unterwegs – bis auf 1660 Meter Höhe. Denn auf der Alpkäserei Sittlisalp bilden die Zigerkrapfen eine beliebte Stärkung für Wanderer. Als zusätzlicher Service kommt das Beckmobil zum Einsatz. Es fährt hinaus in die Quartiere, um die ofenfrischen Produkte über die Gasse zu verkaufen. «Mit dem Bus sind wir täglich rund zwei Stunden unterwegs. Das heisst, wir fahren bis zum Oberdorf und halten dabei an rund 10 Orten.» Ein Service, der angesichts des weit verstreuten Dorfes Sinn macht: Können die Kunden nicht in die Bäckerei kommen, dann kommt eben der Bäcker zu den Kunden. «Es ist zwar ein grosser Aufwand, aber vor allem ältere Leute schätzen unseren Bringservice sehr», so Gaby Schillig.

SchillingBreites Sortiment der Bäckerei Schillig in Bürglen. © Marlies Keck

Frisches Brot, Pralinés und Catering

Rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – drei von ihnen in der Lehre, acht Bäcker, zwei Confiseure, fünf Verkäuferinnen, eine Ausfahrerin und das Geschäftsleiterpaar – sorgen für Nachschub. Und das jede Woche während 7 Tagen. «Das Einkaufsverhalten hat sich in den letzten Jahren stark verändert», weiss Gaby Schillig: «Wer besorgt heute noch Brot für eine ganze Woche? Man möchte alles jederzeit und jederzeit frisch. Da muss man sich als Bäckerei anpassen und neue Konzepte entwickeln.» Der kürzlich eingeführte Sonntagsverkauf kommt deshalb sehr gut an und nachdem sie sich im eigenen Betrieb vorerst ganz auf die Bäckerei-Konditorei konzentriert hatten, wagten sie sich 2011 an eigene Praliné-Sorten. «Der rasante Erfolg des Confiserie-Bereichs hat uns alle positiv überrascht. Und heute bieten wir neben frischem Brot, den feinen Pralinés auch einen beliebten Catering-Service an.»

Ihr Erfolg zeigt klar: Mut und Hilfsbereitschaft wird belohnt, Wilhelm Tell lässt grüssen.

Bäckerei-Konditorei-Confiserie Schillig

Klausenstrasse 147
6463 Bürglen
+41 41 870 16 48

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